: Von wegen Frauenbonus
Zur taz-Rezension der Anthologie „Frauen Leben Kunst“ hagelte es massenhaft LeserInnenbriefe. Hier die Replik. Denn: „Nicht überall, wo Frauen drin steht, ist auch Gutes drin“
Christiane Palm-Hoffmeister brachte vor kurzem im Oldenburger Keller-Verlag die Anthologie „Frauen Leben Kunst“ heraus. Die pointiert kritische Rezension dieses Buches rief ihrerseits geharnischte Kritik hervor – auf die unsere Autorin im folgenden reagiert.
Wenn eine Laientheatertruppe ein Stück inszeniert, wird das in der Regel als positiv angesehen. Treten die Laienspieler damit in der Öffentlichkeit auf, dann erhalten sie einen gewissen Bonus, der darauf basiert, das Engagement und die Arbeit zu honorieren. Dieses Phänomen gibt es auch im sogenannten „Frauenbereich“, womit eine öffentliche Domäne gemeint ist, in der Frauen schreiben, dichten ,malen, politisch agieren, kurz gesagt, der lange versagten Möglichkeit öffentlich zu agieren, entgegenwirken.
Das ist wichtig und gehört sowohl auf internationaler, als auch auf nationaler und ganz besonders auf regionaler Ebene zu bedeutenden gesellschaftspolitischen und kulturellen Auseinandersetzungen. Aber: Ist alles gut, was Frauen machen? Haben Frauen den oben beschriebenen Bonus nötig, oder wirkt er nicht gerade disqualifizierend?
Der Artikel „Der Schrei der Plastiktüte“ (taz vom 17. Mai) hat der Verfasserin nicht unerwartet LeserInnenbriefe eingebracht. Interessanterweise wird neben der „herabwürdigenden“, „menschenverachtenden“ oder gelinde ausgedrückt „zynischen“ Art der Rezension der Vorwurf geäußert, mit einer solchen Vehemenz auf „ein kleines regional erscheinendes Gedichtbändchen“ reagiert zu haben und, „anstatt die Autorin Chr. Palm-Hoffmeister und ihre 20 Malerinnen für ihre Initiative zu belobigen“, einen Verriss geliefert zu haben.
Aber wozu geht Frau in die Öffentlichkeit? Um die Bestätigung für eine Wohlfühltümelei zu bekommen, die Frauen letzten Endes doch wieder auf „ihren Alltag“ reduziert, nur, dass sie nebenbei unheimlich kreativ sind? Warum dieser Rückzug, warum nicht das Selbstverständnis: Frauen sind anders, aber gleichberechtigt und müssen sich nicht immer erklären. Sie sind nicht auf den „wir-sind- unheimlich-engagiert“-Bonus angewiesen, sondern können sich mit dem, was sie machen, der Kritik stellen. Noch ein Wort zur Kritik im allgemeinen. Sie kann sehr vielfältig sein. Wer im Theater schläft, übt auch Kritik. Wenn ein Buch nicht rezensiert wird, ist das auch eine Aussage. Eine beschreibende Kritik kann vernichtender sein, als ein zynischer Verriss. Kritik besteht nicht nur aus Worten, sondern manchmal vielmehr aus dem, was nicht gesagt wird.
Silke Schumacher- Lange
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