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Zwei Sender in einer Schüssel

Endlich gibt es grünes Licht für die Senderehe des Ostdeutschen Rundfunks mit dem Sender Freies Berlin. Bereits in der kommenden Woche soll alles unter Dach und Fach sein. Nur der neue Intendant muss noch gewählt werden

Klaus Wowereit hat Wort gehalten. Bereits während der Koalitionsverhandlungen im letzten Herbst ernannte er die Senderfusion zur „Herzenssache“ und wollte bis zum Sommer 2002 alles in trockenen Tüchern haben. Nun, die Unterschrift ist noch nass und die Feinheiten noch nicht entschieden, aber der ursprünglich für 2004 anvisierte berlin-brandenburgische Fusionssender lief am Montagabend endlich vom Stapel. Nach jahrelangen Taktierereien und Animositäten räumten die Vertreter beider Länder schließlich in einer Marathonsitzung die größten Hindernisse für die Senderehe aus dem Weg. Selbst einen Namen hat das Projekt schon: Als Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) soll am 1. Juni 2003 die aus SFB und ORB fusionierte ARD-Sendeanstalt an den Start gehen.

Dabei war bis vor einigen Monaten noch nicht einmal klar, ob beim Sendernamen Berlin oder Brandenburg an erster Stelle zu stehen habe. Geschweige denn, wer Intendant sein wird und wo der Sendersitz sein soll. Erleichtert nannte SFB-Intendant Horst Schättle daher am Dienstag die Fusion einen „Beweis für die Reformfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks“. Sitz des Senders werden Potsdam und Berlin sein. Und der zukünftige Intendant soll vom 30 Mitglieder zählenden Rundfunkrat mit einer Zweidrittelmehrheit gewählt werden.

Statt positives Beispiel wäre das Gerangel um den Sender fast ein weiteres Paradestück für die Unmöglichkeit einer Berlin-brandenburgischen Länderehe geworden. Politische Querelen drohten das ehrgeizige Medienprojekt an den Rand des Scheiterns zu bringen. Unermüdlich hatte Jörg Schönbohms CDU, als Stolpes Koalitionspartner, das Vorhaben torpediert. Nicht anders die einstige Berliner große Koalition. Sie hatte es jahrelang verstanden, die Senderehe auf die ganz lange Bank zu schieben.

Zuletzt fokussierte sich der Streit auf die Intendantenwahl. Mit ihrem Ruf nach einem Gründungsbeauftragten zielte die Union massiv gegen den amtierenden ORB-Intendanten Hans-Jürgen Rosenbauer, der offen bekennt, Ambitionen auf den neuen Job zu haben. Als jedoch ein Geheimpapier aus dem Dunstkreis Schönbohms auftauchte, in dem ein Berater offen über Einflussmöglichkeiten auf den neuen Sender spekulierte, musste die CDU ein paar Gänge runterschalten. Ein peinlicher Versuch, die Staatsferne des Senders untergraben zu wollen. Auch die nun beschlossene Intendantenwahl soll Unionstaktiken einen Riegel vorschieben. Erst der gewählte Kandidat soll über die künftige Personalstruktur entscheiden – und keinesfalls die Politik.

Auf die neue Sendeleitung wartet eine Herkulesaufgabe. Zunächst muss sie den 1.800 MitarbeiterInnen beider Anstalten die Angst vor fusionsbedingten Kündigungen nehmen. Und dann eine Programmstruktur finden, die sowohl die Hauptstädter als auch die Brandenburger vor die Glotze fesselt. Zudem muss das neue TV-Haus, größenmäßig mit dem Hessischen Rundfunk vergleichbar, auch noch 7 Prozent Anteil zum Ersten Programm liefern.

ADRIENNE WOLTERSDORF

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