Unter Nachbarn

Lernen im Fluss: An der Bille knüpfen über 40 Einrichtungen ein Netz, das helfen und bilden soll  ■ Von Silke Schlichting

Aus einzelnen Fäden werde ein Netz: Über vierzig Einrichtungen in den Stadtteilen Billstedt, Horn, Hamm und Rothenburgsort – von sozialen und kulturellen über Schulen, Initiativen, Vereinen, der lokalen Wirtschaftsförderung bis hin zu Kirchengemeinden – wollen ihre Kräfte bündeln. Die Vision: Das Billenetz - ein Netzwerk für lebensbegleitendes Lernen.

Stichwort Berufshilfe: „Es kann doch nicht sein, dass ein Wildwuchs an Angeboten herrscht, durch den am Ende keiner mehr durchblickt“, beschreibt Rüdiger Winter von „Arbeit und Leben“ die derzeitige Situation. „Um effektiv zu arbeiten, müssten sich die Träger besser abstimmen, aber jeder guckt immer nur auf seine Töpfe“, klagt er. Denn Geld ist knapp. Winter kennt die Probleme und Bedürfnisse der Region aus seiner Arbeit als Quartiersentwickler. Rund 150.000 EinwohnerInnen leben in den vier Stadtteilen, also immerhin 8,7 Prozent der Hamburger Gesamtbevölkerung – davon ist fast jeder Zehnte arbeitslos.

Stichwort Jugendarbeitslosigkeit: Sie liegt bei 6,8 Prozent. Deshalb will das Billenetz-Projekt mit dem Arbeitstitel „Praktikumsbörse“ Schulen und Betriebe zusammenführen, um Jugendlichen möglichst frühzeitig eine Perspektive für ihr späteres Berufsleben zu geben. Da in den Schulen niemand Zeit hat, diese Kontakte aufzubauen, hat das Billenetz die Koordination übernommen.

Stichwort Frauenbildung: Marianne Dotzek, Leiterin der Elternschule Horner Geest, hat das Angebot besonders nach den Bedürfnissen der Migrantinnen ausgerichtet. Der Anteil an Nicht-Deutschen in der Region liegt bei 22 Prozent. Die Elternschule bietet zum Beispiel Sprach- und Internetkurse für Mütter an – es versteht sich von selbst, dass die Kinder mitgebracht werden können. „Wir haben jede Woche fünf bis sechs Anfragen von Migrantinnen, die einen Sprachkurs machen wollen – und das ganz ohne Werbung.“ Die Nachfrage ist also vorhanden. Um das Angebot auszuweiten, hat die Elternschule ihre Kontakte zu benachbarten Kindergärten und Häusern der Jugend intensiviert. Auch hier fungiert das Billenetz als Vermittler.

Der Gedankenaustausch in den Planungsgruppen hat allen NetzwerkpartnerInnen gerade in Zeiten gnadenloser Kürzungspolitik Mut zum gemeinsamen Handeln gemacht. „Mir hat das unheimlich viel Kraft gegeben“, bilanziert Dotzek.

Wenn alles gut läuft, fließen ab Ende April nicht mehr nur Ideen, sondern auch Gelder. Dann nämlich fällt die Entscheidung, ob das Bundesministerium für Bildung und Forschung nach der einjährigen Planungsphase auch die auf vier Jahre angelegte Durchführung des Projekts mit 950.000 Euro unterstützen wird. Netzwerkkoordinator Heiner Sameisky gibt sich optimistisch: „Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht. Ich bin zuversichtlich, dass wir für unser Netzwerk grünes Licht bekommen.“