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Satiren, Roadmovies und Splatter

Das Grauen ist manchmal zum Lachen: In seinen „Dias del Cine Espagñol“ zeigt das 3001 zwei Wochen lang in der Abendvorstellung mit neuen Filmen aus Spanien die ganze Heterogenität der nationalen Filmproduktion

Um den spanischen Film ist es in den letzten Jahren etwas still geworden. Leicht könnte einem die Idee kommen, der Regierung Aznar sei das Exportieren knuspriger Vanilleteilchen wichtiger als die Förderung landeseigener Filmkultur. Wie es wirklich um diese bestellt ist, lässt sich auf den Spanischen Filmtagen im 3001 herausfinden.

Sieben Erstaufführungen werden gezeigt, darunter viele aus Katalonien mit Barcelona als quirliger Metropole. Ob groteske Satire, rührige Komödie, Roadmovie oder Splatter, das Programm ist vielseitig und veranschaulicht exemplarisch die Heterogenität des aktuellen Filmschaffens in Spanien. Den Werken gemein ist höchstens der landeseigene, schwarze Humor. Finsteres Grauen und befreiendes Lachen sind mitunter eins.

So steht zum Beispiel die nicht mehr ganz junge Heldin des Eröffnungsfilms Anita verpasst den Zug nicht (Anita no perd el trein) eines schönen Morgens vor einem riesigen Loch statt vor ihrem Kino. Dort erfährt die Kartenverkäuferin, dass nicht nur das kleine Lichtspielhaus, sondern auch sie selbst zugunsten eines Cineplexes mit „jungem Gesicht“ wegsaniert wurde. Des Schicksals Fäden fügen sich nach und nach zusammen und münden unausweichlich in einer Affäre mit einem wortkargen Baggerfahrer, dessen Hände so schön sind wie seine Baggerschaufeln, sagt Anita. Voll magischem Realismus und neurotisch wie Woody Allen ist diese rührige Komödie von Ventura Pons.

Düsterer, an der Schwelle von Tod und Leben spielt Faust 5.0. Hier spritzt grotesk das Blut und es flackern die visuellen Effekte. Der faustsche Stoff wird von den katalanischen Enfants Terribles Ortiz und La Fura dels Baus in die Gegenwart geholt. Faust, ein angesehener Arzt für „terminale Medizin“ trifft seinen Mephisto in Form eines Expatienten, der laut Diagnose nicht mehr leben sollte. Der Teufel trägt hier den Namen Vella – „wie Mozarella“ – VokuHiLa und Goldkettchen. Durch ihn gerät der depressive Dottore in einen Strudel blutrünstiger Orgien und Visionen, die drohen, Realität zu werden. Stilsicher wird mit überlagerten Projektionen und gleißend grünem Licht experimentiert, die Stadt wird zu einer einzigartigen Kulisse des Zerfalls.

Von ephemerer Hoffnung getragen ist dahingegen das poetische Roadmovie Tilt (Nos hacemos falta – Tilt), in dem vier Outlaws durch die verdörrte Landschaft Aragoniens kurven und jeder auf seine Weise Anschluss ans Leben sucht. Hinten im maroden Truck lagert ein Spielautomat – in Anspielung an das amerikanische Tilt – und, darunter versteckt, ein schwarzer Junge auf der Suche nach einer Ersatzfamilie. Man trifft sich, will sich loswerden und begegnet sich doch immer wieder auf den staubigen Landstraßen. Ein unprätentiöser Film über Freundschaft und Freiheit, der durch weite Kamerawinkel und eine karge Symbolik besticht.

Außerdem zu sehen sind Der Klavierspieler, in dem ein Dirigent mit seiner politischen Vergangenheit konfrontiert wird, und Danke für das Trinkgeld, eine absurde Sittenkomödie. Verstörend in seiner Aufrichtigkeit ist das Drama Freund/Geliebter (Amic/Amat), ebenfalls von Ventura Pons. Ein kranker, schwuler Professor verliebt sich dort in einen Studenten, der als Call-Boy arbeitet und außerdem die Tochter eines Kollegen schwängert. Aus dem Wunsch heraus, der Welt etwas von sich zu hinterlassen, gerät der kinderlose Prof in eine demütigende Abhängigkeit von dem arroganten Beau. Fragile Beziehungen, luzide ausgeleuchtet.

Anke Eickhoff

Anita verpasst den Zug nicht: Do + 16.6.; Faust 5.0: Fr + 15.6.; Tilt: Sa + 13.6; Freund/Geliebter: Mi + 18.6.; Der Klavierspieler: So + 14.6.; Frauen: Mo + 19.6; Danke für das Trinkgeld: Di + 17.6.; alle OmeU, je 20.30 (Do schon 20 Uhr, anschl. historische spanische Lieder)

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