: Fehlstart
Bestellt und nicht abgeholt: Referendare fühlen sich von der Behörde getäuscht und kämpfen um ihre Jobs
Bis vor kurzem war alles klar: „Ich habe mich gefreut, endlich in meinem Traumberuf zu arbeiten“, sagt eine Referendarin. Ihre Schule hatte sie eingeplant, die Schüler auch. Doch nun ist alles anders. „Ich werde irgendwas jobben, wie im Studium eben“, sagt eine Kollegin, die es für das Wichtigste hält, „Kindern und Jugendlichen den Weg zu ebnen“. Sie ist fertig ausgebildete Hauptschullehrerin. Aber sie bekommt in Hamburg keinen Job.
Denn zwar sind zum 1. August 200 Stellen zu besetzen, der größte Teil aber ist bereits vergeben: an Lehrer mit befristeten Verträgen oder aus anderen Bundesländern. Und an die, die sich Anfang des Jahres auf Anforderungsprofile bestimmter Schulen beworben haben und „schulgenau“ eingestellt wurden. „Wir hatten da noch gar nicht alle Prüfungen. Außerdem wurde uns gesagt, das die Chancen im Sommer genauso gut seien“, erzählt eine Kollegin. Niemand erahnte die jetzige Situation.
Die Gesamtschulen werden wohl keinen Referendar mehr einstellen, einer hat eine schulgenaue Einstellung, bei den Gymnasien ist von drei bis fünf Stellen die Rede. An den Grund-, Haupt- und Realschulen gibt es 24 freie Stellen. „Uns wurde gesagt, wer nicht Chemie, Physik, Musik hat und auch nicht Englisch, Mathe oder Arbeitslehre, dessen Chancen auf eine Stelle lägen unter zehn Prozent“, berichtet eine Referendarin. Dabei habe während des Studiums nie jemand etwas von Mangelfächern erzählt. Wer einen Platz im Referendariat ergattert hatte, der fühlte sich sicher.
Doch nun sind auch die Bewerbungsfristen in Niedersachsen und Schleswig-Holstein abgelaufen – es bleibt der Gang zum Sozialamt, denn auf Arbeitslosengeld haben die „Beamten auf Widerruf“ keinen Anspruch. Die RefendarInnen fordern deshalb, dass der Senat nachbessert und zusätzliche LehrerInnen einstellt. Wer trotzdem außen vor bleibe, solle im kommenden Jahr bevorzugt werden. Die Behörde solle außerdem ihre Fürsorgepflicht wahrnehmen und die Lehrerbedarfsplanung für alle Schulformen und Fächer transparent machen.
Und sie bitten die schulpolitischen Sprecher der Fraktionen darum, dass sie eine Nachbesserung der Einstellungsquote bewirken. Christa Goetsch (GAL) hat bereits eine kleine Anfrage gestellt, in der sie auch wissen will, was die Ausbildung eines Lehrers die Stadt kostet. SAN
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