: Wettkampf der Kommunen
Die Solarbundesliga wird zum Renner der Szene. Der Wettbewerb beflügelt inzwischen bundesweit alle Solarfreunde. Ende Juni wird in Freiburg auf der Messe Intersolar der Deutsche Meister gekürt
Die Freiburger Umweltbürgermeisterin konnte wieder einmal von ihrer Solarstadt schwärmen. „Wir belegen in der Solarbundesliga unter den Großstädten den ersten Platz“, verkündete Gerda Stuchlik jüngst voller Stolz am Rande einer Tagung vor Unternehmern und Wissenschaftlern in Freiburg. Dem Publikum war’s einen Sonderapplaus wert.
Glück gehabt. Denn erst kurz zuvor hatten sich die Südbadener in der Tabelle wieder vor Ulm geschoben. Aber nur knapp – Kopf an Kopf liegen die beiden baden-württembergischen Städte derzeit in der Bundesligatabelle. Und weil die Daten stetig aktualisiert werden, weiß keiner, wie lange der jeweilige Spitzenplatz hält. Freiburgs Umweltbürgermeisterin hat daher den Tabellenstand fest im Blick.
Aus einer Laune heraus war auf einer Solarmesse vor zwei Jahren die Idee geboren, endlich einmal das Solar-Engagement der einzelnen Städte und Gemeinden in Zahlen zu fassen, zu vergleichen und öffentlich zu präsentieren. „In der Zeitung hatte sich wieder eine Gemeinde mit fraglichen Solardaten gebrüstet“, erinnert sich Thomas Hartmann vom Verband der Solareinkaufsgemeinschaften in Rottenburg. „Also ging ich mit der Idee auf das Fachmagazin Solarthemen zu.“
Die Fachzeitschrift aus Bad Oeynhausen stieg sofort darauf ein. Sie richtete im Internet eine Plattform ein und berichtete fortan regelmäßig in ihrem Printmedium. Von der Resonanz wurde das Magazin schier überrollt: Schneller als jeder erwarten konnte, wurde die Solarbundesliga zu einer viel beachteten Datensammlung – der umfassendsten zu diesem Thema bundesweit. So griff zum Beispiel jüngst der Diercke-Verlag auf die Daten zurück, um in seinen Schulatlanten die besten Solarstädte zu kennzeichnen.
Gewertet wird in der Liga für jede Stadt oder jeden eigenständigen Ort die installierte Leistung aller Solarstromanlagen sowie die Fläche der Warmwasserkollektoren. Die Daten werden pro Kopf erhoben und nach einer Formel in Ligapunkte umgerechnet. Weil kleinere Gemeinden es naturgemäß leichter haben, gute Werte zu erzielen – da reicht dann schon mal eine einzelne Großanlage für einen Spitzenplatz –, werden die Daten je nach Einwohnerzahlen in mehrere Klassen unterteilt. Zudem gibt es Einzelwertungen für Photovoltaik und Solarwärme, also maximale Transparenz.
Seither blickt mancher solarbegeisterte Bürgermeister regelmäßig auf den Tabellenstand, während zugleich Umweltämter per Gemeindeblatt die Anlagenbetreiber um Übermittlung ihrer Solardaten bitten. Auch die deutsche Umwelthilfe unterstützt den Wettbewerb inzwischen – zur Freude auch der Lokalpresse in der gesamten Republik, die in den Daten immer wieder Stoff für eine schöne Geschichte findet.
Oft sind es die Bürger vor Ort, die mit viel Engagement die notwendigen Daten zusammentragen. Im hessischen Hünstetten wertete Hobbyflieger Henry Blanke Luftbilder aus. Im niedersächsischen Harsefeld radelte Hauptschullehrer Lothar Marg im Rahmen eines Schulprojektes mit Zehntklässlern durch die Straßen und erfasste auf diese Weise die Anlagen. Und im bayerischen Geisenhausen fuhr Herbert Jans, Solarkoordinator des Bund Naturschutz, durch den Ort und protokollierte die Anlagen.
Ende Juni auf der Freiburger Messe Intersolar wird die Redaktion der Solarthemen im Rahmen einer „Meisterfeier“ die dann führenden Solargemeinden auszeichnen. Mehr als 300 Kommunen sind inzwischen in der Wertung, und stetig werden es mehr. Nach wie vor steht beim Solarstrom Geesow in Brandenburg mit 1,4 Kilowatt pro Einwohner an der Spitze.
Bei den Kollektoren führt unterdessen weiterhin Schalkham in Bayern mit 1,1 Quadratmeter pro Kopf. Das heißt: In der 900-Einwohner-Gemeinde können bereits heute fast alle Bürger mit sonnengewärmtem Wasser duschen. Am Ende bleibt die spannende Frage, ob die Solarliga nur eine Spielerei ist oder ob sie die Sonnenenergie wirklich voranbringt.
Olaf Meister aus Magdeburg zum Beispiel ist überzeugt, dass „die spielerische Konkurrenz in den Gemeinden einiges bewegt“. Der Rechtsanwalt, der auch für die Grünen im Stadtrat sitzt, hat für seine Heimatstadt die Daten – sogar nach Stadtteilen getrennt – zusammengetragen und damit das Thema auch ins regionale Fernsehen gebracht. Seither meldeten sich Bürger der Stadt sogar schon von selbst bei ihm, wenn sie neue Anlagen in Betrieb nehmen, sagt er.
Meister hat daher keine Zweifel daran, dass die Liga Fortschritt bringt: „Die lokalen Medien berichten immer wieder über den Punktestand – damit werden die Menschen in der Stadt auf das Thema aufmerksam.“ So habe sich in Magdeburg sogar schon eine „Rote-Laterne-Diskussion“ entwickelt, ein Wettbewerb der Stadtteile untereinander. BERNWARD JANZING
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