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Wasser wird zum Luxus

Bald drohen saftige Erhöhungen bei den Wassergebühren. Rot-Rot plant die Einführung einer Konzessionsabgabe und bürgt für Verlust bringende Geschäfte der Wasserbetriebe in Millionenhöhe

von RICHARD ROTHER

Psychologen nennen es kognitive Dissonanz: Wer Wasser spart, während er ein Mineralsprudel nach dem anderen trinkt, tut dies nur, um sein Öko-Gewissen rein zu waschen. Denn den Wasserverbrauch zu reduzieren, ist nach allgemeiner Auffassung per se naturfreundlich. – Dabei macht es in einer grundwasserreichen Region wie Berlin ökologisch gesehen wenig Sinn, mit ungeheiztem Leitungswasser zu geizen. Es erhöht nur die Aufwände für Reinigung und Erhalt des Leitungssystems. Hingegen führt der gestiegene Genuss von Mineralwasser unzweifelhaft zu immer mehr Lkw-Verkehr.

Ökologisch sinnvoll wäre also, mehr Leitungswasser zu trinken. Ökonomisch jedoch nicht: Denn in Berlin drohen in den nächsten Jahren saftige Erhöhungen der Wassergebühren. Ergo: Wer kräftig Wasser spart, spart Geld.

Dabei wirken sich mehrere Faktoren preistreibend aus: Zunächst plant der Senat die Einführung einer Konzessionsabgabe, zudem belasten veränderte Abschreibungsmöglichkeiten die Bilanz der Wasserbetriebe, die 1999 für rund 1,6 Milliarden Euro verkauft wurden. Das Land hält seitdem 50,1 Prozent der Anteile an der Wasserholding, den Rest teilen sich der französische Mischkonzern Vivendi und der nordrhein-westfälische Stromriese RWE. Bei der Privatisierung wurden Gebührenerhöhungen bis 2004 ausgeschlossen. Erst danach darf abkassiert werden.

Allerdings: Die 68 Millionen Euro für die Konzession, die Berliner Haushalte mit Wasser zu versorgen, die bereits ab dem kommenden Jahr gezahlt werden, ist eine Abgabe, die die Wasserbetriebe direkt auf den Kubikmeterpreis umgelegen dürfen. Der gehört schon heute zu den höchsten der Republik. Die zusätzlichen Einnahmen kann der marode Landeshaushalt freilich gut gebrauchen, die Zeche aber zahlen die Verbraucher.

Zum Zweiten wird den Wasserbetrieben mit einer jetzt im Zuge der Haushaltsberatungen geplanten Gesetzesänderung ermöglicht, ihre Anlagen zum Wiederbeschaffungswert bilanziell abzuschreiben. Zum Beispiel wird ein altes Klärwerk nicht mehr zum ursprünglichen Wert abgeschrieben, sondern zu der viel höheren Summe, die ein Neubau oder eine Sanierung kosten würde. Insgesamt wirkt sich dies Gewinn mindernd auf die Bilanz aus, was wiederum einen Effekt auf die Gebühren haben wird. Der Grünen-Finanzexperte Jochen Esser: „Ab 2004 drohen Gebührenerhöhungen von bis zu 25 Prozent.“ Genauere Zahlen gebe es jedoch nicht, da der Senat sich weigere, seine Kalkulationen offenzulegen. „Ein Unding.“

Darüberhinaus steht den privaten Investoren eine garantierte Kapitalverzinsung zu, das heißt ihnen werden Gewinne garantiert – in Höhe von zwei Prozent. Diese zwei Prozent wurden allerdings vom Landesverfassungsgericht kassiert, auf Grund einer Klage von Grünen und PDS. Der rot-rote Senat will allerdings von der Gewinngarantie nicht ablassen.

Für die Berliner liegen die Wasserrisiken aber nicht nur bei höheren Gebühren; als Miteigentümer an den Berliner Wasserbetrieben (BWB) haftet das Land auch für eine schlechte Geschäftsentwicklung: Sei es, dass dem Land Einnahmen durch nicht realisierte Gewinne verloren gehen, sei es durch Landesbürgschaften, die dem kriselnden Unternehmen gewährt werden müssen. Denn die Berlinwasser-Holding, die neben den BWB angesiedelt ist, kümmert sich um das nationale und internationale Wettbewerbsgeschäft. Projekte wie das Müllverwertungszentrum Schwarze Pumpe (SVZ) oder die Telekommunikationsfirma Berlikomm erwiesen sich aber als Verlust bringend. Der Senat springt jetzt deshalb mit einer Bürgschaft von mehr als 150 Millionen Euro ein – die Risikoabschirmung bei der Bankgesellschaft lässt grüßen.

Prinzipiell versteht das sogar der grüne Oppositionspolitiker Esser. „Es ist nicht sinnvoll, die Holding über die Klinge springen zu lassen.“ Die Bürgschaft müsse jedoch auf das unbedingt notwendige Maß beschränkt werden. Von den Verlustbringern müsse sich so schnell wie möglich getrennt und ein neues Gesamtkonzept ausgearbeitet werden. Der Senat hätte die Brechstange ansetzen sollen, so Esser. „Ohne Konzept keine Kohle.“

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