: Hinterm Mond hervorsegeln
Über 100.000 Zuschauer in Kiel feiern den Erfolg der illbruck beim Ocean Race. Der Hamburger Tony Kolb ist überwältigt von dem Empfang – 2005/2006 startet ein deutsches Boot beim America‘s Cup
von OKE GÖTTLICH
„Kiel ist spitze. Die ganze Bucht war mit Booten belegt. Ich hätte trockenen Fußes vom Leuchtturm in die Innenförde laufen können“, sagte Vorschiffmann Tony Kolb nach dem Gesamtsieg der illbruck in Kiel. Mit einem rauschenden Fest wurden die Weltumsegler des Volvo Ocean Race von den über 100.000 Zuschauern empfangen. „Kiel Sailing City“ war auf dem Revers des Oberbürgermeisters Norbert Gansel zu lesen, der freudetrunken das Spektakel im Zielbereich verfolgte. Am liebsten hätte er alle geherzt, ob der Begeisterungsfähigkeit seiner Bürger.
Ginge es nach den gezeigten Emotionen des Stadtoberen könnte Kiel sich bereits für die Segelwettbewerbe bei den Olympischen Spielen vorbereiten, für die sich die Stadt im Rahmen der deutschen Bewerbung für das Jahr 2012 beworben hat. „Egal ob 2012 oder 2050, Kiel hat mit dieser Stimmung auf jeden Fall die Durchführung Olympischer Segelwettbewerbe verdient. Wer jetzt nicht kapiert, dass Segeln ein toller Sport ist, der lebt hinter dem Mond“, schwärmte Syndikatschef Michael Illbruck.
Zuvor hatten die Zuschauer bis in den Abend hinein auf die Weltumsegler warten müssen, die insgesamt neun Etappen, 32.700 Seemeilen (über 60.000 Kilometer) und vier Kontinente hinter sich ließen. Leichter Wind verzögerte die Ankunft, bevor die norwegische djuice als erstes Boot Kiel erreichte. Der zweite Rang der illbruck aber reichte für den ersten Erfolg eines deutschen Bootes bei dem Klassiker, der früher als Whitbread Round The World stattfand.
„Ich danke der illbruck für den Steilpass, der es mir ermöglicht, den Segelsport künftig auf noch höherem Niveau zu vertreten“, erklärte der Präsident des Deutschen Segler-Verbandes (DSV), Dierk Thomsen. Wie viele war auch er von dem großen öffentlichen Interesse während der Siegesfahrt der illbruck positiv überrascht worden. An dem Medieninteresse während des Ocean Race änderte auch die Tatsache nichts, dass die ehrgeizigen Pläne Illbrucks in diesem Jahr auch noch an der legendärsten Segelregatta der Welt, dem America‘s Cup, teilzunehmen, abgebrochen werden mussten. „Wären wir beim Ocean Race so gesegelt, wie wir die Kampagne um den America‘s Cup angegangen sind, hätten wir das Ziel nicht erreicht“, musste er eingestehen.
Bereits am Tag nach dem Erfolg kündigte Illbruck aber an, den America‘s Cup 2005/2006 gewinnen zu wollen. Als Hauptanteilseigner der in Gründung befindlichen „Pinta Challenge GmbH“ veranschlagt er 90 Millionen Euro für eine Vier-Jahres- Kampagne. Seine eigene Firma steht jedoch als finanzieller Partner nicht mehr zur Verfügung. „Ich habe die Firma zu schützen. Jeder Euro hat sich gelohnt, aber jetzt ist Schluss, denn Grün-Weiß hat alle Ziele erreicht“, erklärte Illbruck gestern. Damit beendete er auch die Spekulationen um eine Titelverteidigung beim Ocean Race 2005/2006. An dem „Doppel-Whopper“ America‘s Cup und Ocean Race will er sich nicht nochmal verschlucken.
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