: Space Park als neuer Weserpark?
Wirtschaftssenator Hattig erklärt der Bürgerschaft, dass auch die Revision der Einzelhandels-Richtlinien ein Thema der Verhandlungen ist. Discounter Wal Mart könnte dann kommen, Möbel Sander befürchtet bereits Möbelhaus-Konkurrenz.
„Wir möchten, dass der Senat Stellung nimmt zum Stand des Projektes Space Park“, verlangte die grüne Abgeordnete Helga Trüpel gestern in der Bürgerschaft. Die Öffentlichkeit habe ein Anrecht darauf, informiert zu werden. Und auch die Abgeordneten wollten nicht nur in den Medien lesen, was es an Finanzierungsproblemen, EU-Prüfverfahren und Verhandlungen mit dem Senat gebe. Auch Eva-Maria Lemke-Schulte (SPD) verlangte „Aufklärung durch das Ressort“.
Nach heftigen Wortgefechten über das Thema redete schließlich Wirtschaftssenator Josef Hattig (CDU) erstaunlichen Klartext: „Die Realisierung des Projektes trifft auf veränderte Marktbedingungen“, meinte er. Die Situation im Einzelhandel, die von den Betroffenen als Krise bezeichnet werde, stelle die früher einmal geplante Finanzierung heute in Frage. Daher verhandele der Senat derzeit wieder – Details der angestrebten Lösung sollten aber nicht öffentlich gemacht werden. Thema der Verhandlungen, das räumte Hattig aber erstmals öffentlich ein, ist auch die im Bebauungsplan festgelegte Beschränkung des Waren-Sortiments: Nach dem bisherigen Konzept sollten im Space Park nur exklusive Geschäfte ein für Touristen attraktives Angebot machen, um dem Bremer Einzelhandel nicht mit alltäglichen Bedarfsartikeln Konkurrenz zu machen. Hattig gestern zu diesem Konzept: „Ob wir die Pläne, die wir vor 5 Jahren beschlossen haben, unter dramatischen Veränderungen heute noch so werden durchführen können, das ist eine offene Frage.“
CDU-Fraktionsvorsitzender Jens Eckhoff meldete sich nach dieser Feststellung zu Wort und formulierte an die Adresse von Hattig: „Wir gehen davon aus, dass die beschlossenen Rahmenbedingungen eingehalten werden.“ Wenn es „mögliche neue Rahmen-Bedingungen finanzieller oder baurechtlicher Art“ gebe, müssten sie dem Parlament vorgelegt werden. Dazu aber, so erklärte Eckhoff, „müssen die Verhandlungen weitestgehend abgeschlossen sein“.
Das Gerücht, dass der US-amerikanische Discounter „Wal Mart“ einen Termin im Wirtschaftsressort hatte, hat die Bremer Geschäftswelt erheblich verunsichert. Der CDU-Wirtschaftspolitiker Dieter Focke versuchte gestern das Parlament mit der Auskunft zu beruhigen, Wal Mart könne dort ja auch ein Angebot von Luxus-Gütern planen. Ob das aber so ist oder nur ein Spruch, blieb offen.
Auch die Inhaber des Möbelhauses Sander sind aufgeschreckt durch die Information aus Fachkreisen, dass das österreichische Möbelhaus Lutz darüber nachdenkt, auf dem Space Park-Gelände eine Filiale einzurichten. Das würde nur Sinn machen, wenn etwa die Hälfte der 44.000 Quadratmeter Einzelhandelsfläche dafür zur Verfügung stünde. „Bremen ist überbesetzt mit Möbelhäusern, in den letzten Wochen haben gleich zwei dicht gemacht“, sagt Sander dazu. Die Vorstellung vom Möbel-Center als Verlegenheits-Mieter – ein Alptraum.
Die Bremer Wirtschaftsbehörde habe bereits „ein erstes Gespräch mit der EU-Kommission“ zu dem drohenden Prüfverfahren über die Space Park-Subventionen gehabt, berichtete Hattig weiter. Wonach die EU-Wettbewerbshüter gefragt haben, verriet er aber nicht. Zu dem (zeitweise sogar zinslosen) 26-Millionen-DM-Kredit an Köllmann erklärte die SPD-Wirtschaftspolitikerin Lemke-Schulte, damit habe Bremen eine „Finanzierungslücke überbrücken“ wollen, das Geld sei ja fest zugesagt – allerdings für einen späteren Zeitpunkt. Bremen hat Köllmann 77,5 Millionen Mark an Fördermitteln fest zugesagt, de facto hatte die EU allerdings festgestellt, dass genau 26 Millionen davon nicht rechtmäßige Fördermittel sein dürften. Wie dieses Geld dennoch an Köllmann fließen konnte ist bis heute unklar – aber er hat es längst, via Kredit.
Unvorstellbar fanden alle Redner der Koalition die Vorstellung, dass der riesige Beton-Klotz auf der ehemaligen AG Weser Werftvon der Investmentgesellschaft Degi einfach abgeschrieben wird. Das wäre die zweite Pleite auf dem Gelände. Nachdem die Gröpelinger Traditions-Werft ihren Betrieb 1983 eingestellt hatte, verfolgte das Bremer Wirtschaftsressort über mehrere Jahre und mit erheblichen Steuersubventinen das Konzept, Großanlagenbau anzusiedeln. Die ins Wasser verlängerte Bahn des Bockkrans und andere Elemente des Konzeptes Großanlagenbau wurden schließlich abgerissen, als die Idee eines europaweit ausstrahlenden Touristen-Magneten „Space Park“ – anfangs ohne Shopping-Mall – am Horizont erschien. K.W.
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