piwik no script img

„Wir bevorzugen Bescheidenheit“

EU-Repräsentant Klaiber lobt die Karsai-Regierung und sieht den Friedensprozess auf gutem Weg

KABUL taz ■ „Ich war erfreut, bei der Eröffnung der Loja Dschirga all diese so genannten Warlords beisammensitzen zu sehen.“ So beschrieb der Sonderbotschafter der EU für Afghanistan, der deutsche Diplomat Klaus-Peter Klaiber, gestern in der afghanischen Hauptstadt die Sicht der Europäischen Union.

„Die Eröffnung der Loja Dschirga war ein friedliches Ereignis, was einige Beobachter so nicht erwartet haben.“ Klaiber lobte die organisatorischen Fähigkeiten des afghanischen Vorbereitungskomitees und bezeichnete die Große Ratsversammlung als „phänomenale Gelegenheit“ für die Afghanen, sich jetzt über ihre Regierung zu verständigen. Damit lägen die Entscheidungen nun bei den Delegierten, „was wir in Europa einen demokratischen Prozess nennen“. Der bei der Afghanistan-Konferenz im vergangenen Dezember in Bonn vereinbarte Friedensprozess sei auf dem richtigen Weg.

Die EU unterstützt das durch 23 Jahre Krieg und Bürgerkrieg zerstörte Afghanistan in diesem Jahr mit 500 Millionen Euro. Dieses Geld sei nicht an eine Regierung von Hamid Karsai gebunden, sondern nur daran, dass eine afghanische Regierung „konstruktiv“ agiere. Der Diplomat lobte aber ausdrücklich die Leistungen der bisherigen Karsai-Regierung. Sie habe unter äußerst schwierigen Umständen Außerordentliches geleistet. Jetzt komme es darauf an, dass die Regierung in Kabul die Kontrolle über das ganze Land gewinne, damit Afghanistan vorankomme, so Klaiber.

Auf die Frage, ob die Warlords nicht vielmehr zur Rechenschaft gezogen, statt durch die Loja Dschirga aufgewertet werden müssten, sagte Klaiber, die EU habe sich für die Gründung einer afghanischen Menschenrechtskommission stark gemacht. Diese sei zu seiner Freude in der vergangenen Woche gesetzlich verankert worden.

Zum Vorgehen des US-Sonderbotschafters Zalmay Khalilzad, der den früheren König Sahir Schah zum Verzicht auf eine von vielen geforderten Präsidentschaftskandidatur gedrängt und dies dann noch vor dem Exmonarchen verkündet hatte, sagte Klaiber nur: „Kein Kommentar.“ Er ließ jedoch durchblicken, dass dies nicht die Methode der EU ist. „Wir bevorzugen Bescheidenheit“, so Klaiber. Indirekt verwies er auf den Widerspruch, dass die USA in Afghanistan zum einen Warlords unterstützten, um die Taliban und al-Qaida zu bekämpfen, zugleich aber das Land und die Demokratie aufbauen wollten. Dies sei „interessant“, so Klaiber diplomatisch verklausuliert. SVEN HANSEN

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen