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Kabilas schillerndstes Geschäft

Die von einem einstigen britischen Söldnerkönig gegründete Ölfirma Heritage Oil erwirbt eine riesige Ölkonzession von der Regierung der Demokratischen Republik Kongo – in einem Gebiet, das die Regierung Kabila gar nicht kontrolliert

von DOMINIC JOHNSON

Ein Söldnerabenteuer droht in der ohnehin kriegsgebeutelten Demokratischen Republik Kongo. Die Regierung von Präsident Joseph Kabila hat einer vom ehemaligen britischen Söldnerführer Tony Buckingham gegründeten Ölfirma eine Konzession über mehr als 30.000 Quadratkilometer im Kongo gegeben, obwohl sie das entsprechende Gebiet nicht kontrolliert. Die kanadische Heritage Oil, in der Buckingham heute Direktor ist, verkündete die Unterzeichnung des entsprechenden Abkommens mit der kongolesischen Regierung am 10. Juni.

Es handelt sich um fast das komplette Grenzgebiet des Kongo zu Uganda (siehe Karte). Auf einer Fläche von etwa 31.160 Quadratkilometern – das entspricht etwa der Fläche Belgiens – erhält Heritage Oil nach eigenen Angaben für mehrere Monate das Exklusivrecht zur „Entwicklung des Ölförderpotenzials“. Die genauen vertraglichen Bedingungen und eventuelle spätere Beteiligungen anderer Konzerne stehen noch nicht fest.

Doch „Heritage hat die Gegend ausführlich vermessen und wird später in diesem Sommer ihr erstes Bohrloch setzen“, erklärt die Firma. Man habe daran monatelang gearbeitet, mit „aktiver Kooperation“ der kongolesischen Regierung. Ein Team der Firma befindet sich in Uganda, um die Bohrung vorzubereiten.

Das Gebiet grenzt an eine seit mehreren Jahren bestehende Konzession von Heritage Oil in Uganda, wo die Firma Ölreserven von bis zu einer Milliarde Barrel vermutet. Bei einer erfolgreichen Förderung, deren Beginn für dieses Jahr vorgesehen ist, könnte Uganda seine Importrechnungen verringern und sogar über Kenia Öl ausführen.

Die grenzüberschreitenden ugandisch-kongolesischen Ölschätze befinden sich sämtlich im so genannten „Albert-Graben“, einem Teil des ostafrikanischen Rifttal-Systems. Es ist eine Gegend dichter Wälder und steiler Berghänge, in der zahlreiche irreguläre Milizen aktiv sind. Auf beiden Seiten der Grenze ist Ugandas Armee stationiert, offiziell zur Jagd auf ugandische Rebellen sowie zur Unterstützung der hier auf dem Papier herrschenden kongolesischen Rebellen. UN-Untersuchungen haben eine massive Ausplünderung der natürlichen Ressourcen unter anderem durch Ugandas Armee festgestellt, und seit Monaten toben hier zwischen Milizen die blutigsten Kämpfe des ganzen Landes. Normalerweise würde sich ein regulär operierendes Unternehmen nicht in dieses Gebiet hineinwagen.

Aber Heritage Oil ist keine Firma wie jede andere (siehe Kasten). In Angola, Sierra Leone und Kongo-Brazzaville ist Firmengründer Tony Buckingham in verschiedenen geschäftlichen und politischen Konstellationen an Versuchen von Regierungen beteiligt gewesen, sich im Laufe eines Krieges die Kontrolle über rohstoffreiche Gebiete zu sichern. Dies ist auch der Hintergrund des Öldeals in der Demokratischen Republik Kongo.

Noch herrscht in dem Gebiet der Ölkonzession die kongolesische Rebellenbewegung RCD-ML (Kongolesische Sammlung für Demokratie/Befreiungsbewegung), die mit Uganda verbündet ist. Doch seit 17. April arbeitet die RCD-ML mit Kabila zusammen. An diesem Tag unterschrieb sie zusammen mit der anderen von Uganda unterstützten Rebellengruppe MLC (Kongolesische Befreiungsbewegung) bei den Kongo-Friedensverhandlungen im südafrikanischen Sun City ein Friedensabkommen mit Kabilas Regierung. Das von Uganda vermittelte Separatabkommen führte zum Zusammenbruch der Friedensgespräche, weil es die mächtigeren Ruanda-treuen Rebellen im Ostkongo ausschließt.

Von der Umsetzung dieses Separatabkommens hängt ab, ob Kabila die Kontrolle über Kongos Norden und Nordosten und damit auch über das Ölgebiet an der ugandischen Grenze bekommt. Der als Premierminister vorgesehene MLC-Führer Jean-Pierre Bemba versprach gleich nach der Unterzeichnung, dass alle geschäftlichen Abmachungen in diesem Gebiet unangetastet bleiben. Nach den Worten von Heritage-Oil-Geschäftsführer Michael Wood ist der Öldeal „das erste solche kommerzielle Abkommen im Osten des Kongo“ seit dem Separatabkommen. Gewissermaßen ist der Deal das wirtschaftliche Gegenstück zu der politischen Vereinbarung.

Er hat aber auch eine politische Funktion. Die engen Kontakte von Heritage Oil zu Angola sind dabei wichtig. Angola ist die mächtigste Militärmacht Zentralafrikas und kontrolliert auch den bestehenden Ölexport der kongolesischen Regierung aus ihren Ölfeldern vor der Atlantikküste – das wichtigste legale Ausfuhrgut der Regierung Kabila. Bisher steht Angola dem kongolesischen Separatabkommen skeptisch gegenüber, weil der designierte Premierminister Bemba als Anhänger des früheren zairischen Diktators Mobutu gilt und Mobutu zu Lebzeiten Angolas Unita-Rebellen unterstützte. Aber Frankreich, Großbritannien und die USA versuchen zurzeit, Angola als Partner für das Abkommen zu gewinnen, dieses zu revidieren und auf Ruanda und seine Verbündeten im Kongo auszudehnen. Zugleich ist im Gespräch, die Grenzgebiete von Kongo zu Uganda und Ruanda von ausländischen Truppen schützen zu lassen. Dabei kann der Einsatz von Heritage Oil nützlich sein. Tony Buckingham unterhält gute Kontakte zur britischen Labour-Regierung. Eine seiner Firmen spendete 1997 für Tony Blairs Wahlkampf, und neuerdings vertritt das britische Außenministerium die Ansicht, Söldner seien billiger und intensiver bei der Friedensschaffung in Afrika als UN-Truppen.

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