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Die Kürze der Fahrt

Amtsgericht verurteilt Taxifahrer zu einer Geldstrafe, weil der einen Fahrgast aus seinem Wagen warf

Der Taxifahrer hatte einfach keine Lust. Endlich war er der erste Wagen in der Warteschlange, und dann wollte sein Fahrgast nur von der Reeperbahn nach Altona gefahren werden. Wenige Minuten Fahrt, wenig Geld, er verweigerte den Transport. Weil er den Fahrgast schließlich handgreiflich aus seinem Wagen warf, verurteilte das Amtsgericht Sayed A. gestern zu einer Geldstrafe in Höhe von 1000 Euro und einem Monat Fahrverbot. Nötigung, lautet der Vorwurf.

Es ist in den frühen Morgenstunden des 2. Februar, als es zu der Auseinandersetzung kommt. Die Taxischlange am Hans-Albers-Platz ist lang, Sayed A. für den nächsten Fahrgast bereit. Das ist Ingo K., Architekt und in dem Moment nur noch von dem Willen beseelt, nach durchfeierter Kieznacht in sein Bett zu kommen. Er steigt ein und gibt sein Fahrtziel an: Altona. „Der Fahrer wirkte nicht begeistert“, so Ingo K. vor Gericht. „Mir war klar, das ist keine tolle Fahrt, und ich habe ihm auch gesagt, dass ich das verstehen kann.“ Er bittet den Fahrer, dennoch seinen Wagen zu starten, und es kommt zum Streit. Er könne nicht wenden, hält der Fahrer ihm zunächst entgegen, und dass der Fahrgast sich ein Taxi auf der anderen Straßenseite suchen solle. Der bleibt stur, der Fahrer auch. Schließlich zerrt er den unerwünschten Fahrgast aus dem Wagen heraus. Der geht zur Polizei.

Die Richterin verhandelt nicht zum ersten Mal einen derartigen Fall. „Dem Gericht ist bekannt, dass es in der Tat einige Taxifahrer gibt, die aus Verärgerung über eine kurze Strecke so reagieren“, sagt sie dem Angeklagten. Der sei nicht als Privatperson, sondern in seiner Berufsausübung als Fahrer auf dem Kiez gewesen, und als solcher habe er eine Beförderungspflicht. Nur bei gravierenden Gründen dürfe er eine Fahrt ablehnen – „und nicht nur, weil Sie lieber eine andere Fahrstrecke hätten“. ELKE SPANNER

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