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Mexiko-Connection

Der mexikanisch/deutsche Spielfilm „Franziska“ hatte in der Schauburg Premiere. Die taz sprach mit der Regisseurin und dem Hauptdarsteller

In Bremen wird gerade Filmgeschichte mitgeschrieben, denn „Francisca“ von Eva Lopez-Sanchez ist der erste mexikanisch-deutsche Spielfilm. Er wurde von der Bremer Firma „Surfilm“ koproduziert und von der „Bremer Investitionsgesellschaft“ gefördert. Deshalb fand die Premiere des Bundesstarts am Mittwoch in der Schauburg statt. Die Regisseurin erzählt in „Francisca“ von einem Stasi-Spion, der 1971 nach Mexiko emigriert, dort gleich bei der Ankunft vom Geheimdienst kassiert und gezwungen wird, als Informant bei einer revolutinonären Gruppe zu arbeiten. Ulrich Noethen spielt diesen Antihelden, dessen Skrupel, Fluchtversuche und tragisches Ende den Kern des Film bilden. Die taz sprach mit beiden über deutsche Schauspieler und Stasi-Agenten in Mexiko.

taz: Frau Eva Lopez-Sanchez, wie kam es zu solch einer mexikanisch-deutschen Zusammenarbeit?

Eva Lopez-Sanchez: Die Geschichte verlangte einfach danach. Es geht in dem Film um Ehrlichkeit und einen Menschen, der sich selber nicht im Spiegel sehen mag und seinen wahren Namen nicht sagen darf. Als ich begann, das Drehbuch zu schreiben, fiel mir ein, dass ich einen solchen Menschen aus meiner Kindheit kannte. Er kam aus Deutschland, ich wusste ein wenig von ihm, und so habe ich aus meinem tragischen Helden einen Deutschen gemacht.

Was hat Sie daran fasziniert?

Was mich interessiert, ist, wie sehr sich die Leute in den letzten 30 Jahren verändert haben. Heute ist man viel mehr durch die Medien beeinflusst, aber damals waren die Menschen viel idealistischer, wohl auch naiver. Und das ist mir wichtig, wenn ich im Film von einer Gruppe politisch aktiver Studenten im Mexiko der frühen 70-er Jahre erzähle. Der Film handelt ja auch von dem diktatorischen System in Mexiko und von dem damaligen Massaker an Hunderten von Studenten.

Verstehen Sie ihn auch als politischen Film?

Für mich ist „Francisca“ zuerst einmal ein Film über das moralische Dilemma, dass ein Mensch nicht ehrlich sich selber gegenüber sein kann. Der politische Strang der Geschichte ist auch wichtig, aber eher als ein realistischer Hintergrund.

Hatten Sie in ihrer Heimat denn keinerlei Schwierigkeiten mit dieser Art von Vergangenheitsbewältigung?

Ich glaube, vor ein paar Jahren hätten wir diesen Film nur mit größten Schwierigkeiten in Mexiko drehen können, aber unter der neuen Regierung gibt es eine neue Öffnung und mehr Demokratie. Und wir hatten ein gutes Timing, denn die Mexikaner sind jetzt bereit, auf diese schwere Zeit zurückzuschauen. Sie wollen die Vergangenheit verstehen, um besser in die Zukunft blicken zu können.

Lief der Film schon in den Kinos von Mexiko?

Er wurde mit 120 Kopien überall im Land und mit gutem Erfolg gezeigt, und das ist wichtig für unser Kino, denn es beweist, dass man auch mit solchen Filmen bei uns Erfolg haben kann, so dass sich vielleicht in Zukunft auch andere Regisseure ernsthaften Themen zuwenden werden.

Herr Noethen, wie war es denn für Sie, nicht nur als einziger deutscher Schauspieler in Mexiko dabei zu sein, sondern dazu auch noch auf Spanisch zu spielen?

Das war ja ein Teil der Herausforderung. Es hat mich gereizt, einmal weit weg von zuhause, in einer anderen Kultur, mit Leuten, die ich nicht kenne und in einer anderen Sprache einen Film zu machen. Ich konnte ein wenig Spanisch, und ich habe darauf bestanden, dass wir nur Spanisch miteinander sprechen. Und das hat erstaunlich gut funktioniert.

Natürlich konnte ich differenzierte Zusammenhänge nicht so gut ausdrücken, weil ich die Sprache halt nicht so gut beherrschte, aber das entsprach ja auch der Rolle. Da haben sich meine reale Lebenssituation mit der Lage der Figur im Buch ganz gut ergänzt.

Fragen: Wilfried Hippen

„Francisca“ läuft täglich in der Schauburg jeweils um 18.30, 20.15 und 22 Uhr.

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