: berliner szenen Sportschuhe kaufen
Mikroträume
Sport im Verein ist reiner Lächerlichkeitsschutz: Wenn viele Menschen in den gleichen Stretch-Klamotten herumrennen, fällt einem das eigene Outfit nicht mehr so auf. Wenn man aber, wie ich neulich, inmitten normal gekleideter Menschen Turnschuhe testen muss, dann schon.
In Charlottenburg gibt es einen legendären Sportschuhladen, in dem Dieter Baumann bestimmt auch schon mal war, um sich seine kostbaren Profifüße mit dem richtigen Laufkleid einkleiden zu lassen. Wer keine Strümpfe trägt – es ist Sommer –, bekommt Leihsocken. Diese Leihsocken sind natürlich frisch gewaschen, die Schuhgröße steht ganz groß an der Seite, sagen wir mal 45–47. Außerdem steht „R“ und „L“ auf den Socken, für Rechts-links-Blöde. Man steht also in weißen Socken und Minikleid auf dem rutschfesten Teppich und der Expertenverkäufer sagt: „Bitte mal auf ein Bein stellen und das Knie beugen. Gut! Jetzt mal auf das andere.“ Der Verkäufer guckt todernst, auch, als er mich in eine erniedrigende Campingplatz-Pinkelhaltung zwingt. Ob Baumann das auch mitgemacht hat? Der Experte zwirbelt sein Kinn und denkt auf berlinerisch nach. „Hmm, ick seh schon, Platt-Spreiz-Senk-Knick-Fuß. Mikrotraum im Knie jehabt. Hmmm …“ Dann bekomme ich Schuhe angepasst, leicht wie eine Feder und hässlich wie ein Stirnband von Olivia Newton-John.
Der Experte geht mit mir vor die Tür, wo Menschen in schicken Sandalen promenieren, wo junge Türken hupend durch die Straße brettern. „Jetzt joggen Sie mal bis zum Blumenpott dahinten und zurück!“ Er schaut zu, wie ich loswackele. Passanten gackern. Türken hupen. Ich nehme das erste Paar – und noch eine Ski-Hasskappe dazu. Muss einen ja nicht jeder erkennen, wenn man profimäßig vorbeikeucht. JENNI ZYLKA
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