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Wer schmeißt denn da mit Toast?

Die Freude kommt mit Kim und Kelley Deal: Nach neun Jahren spielten die Breeders wieder in Berlin

Kim Deal hat am liebsten Bandkollegen, über die sie sich auf Tour lustig machen kann und die sich gern auch über sie lustig machen. Das erzählte sie in Interviews anlässlich der Veröffentlichung des neuen Breeders-Albums „Title TK“, und das sah man am Donnerstagabend im Columbia Fritz, als ein Regen von Toastbrotstückchen auf sie und die neu formierten Breeders niederging: mitten in der ergreifenden Zugabe, liebevoll zerbröselt und geworfen von den Mitgliedern der Vorband Radar Brothers.

Als die Aufnahmen zu dem von Steve Albini produzierten Album „Titel TK“ begannen, bestanden die Breeders nur noch aus Kim Deal. Sie hatte, obwohl mit den Pixies höchst erfolgreich, die Breeders 1988 mit Tanya Donelly von den Throwing Muses gegründet, um mehr Raum für eigene Songs zu haben. Höhepunkt im Schaffen der Breeders war das gigantische Album „Last Splash“.

1991 aber verließ Tanja Donnelly die Band, und in Folge kämpften die Breeders, inzwischen mit Kims Schwester Kelley an der Gitarre, mit Drogenproblemen und zerstreuten sich schließlich in alle Winde. Kim Deal machte dann unter dem Namen The Amps weiter Musik.

Aus Wut über den Split und weil sie auch mit den Breeders weiterspielen wollte, beschloss Kim Deal, alle Instrumente für ein neues Album selbst einzuspielen. Später stießen drei neue Musiker zur Band und Deal konnte auch ihre Zwillingsschwester wieder gewinnen.

Neun Jahre nach dem letzten Breeders-Konzert im Loft fuhr man nun voller großer, aber auch banger Erwartungen Richtung Tempelhof. Wie würde es sein mit den Erinnerungen von früher? Schon mit den ersten Tönen der Vorband beginnt ein großer gemeinschaftlicher Abend. Kelley Deal taucht im Bühnenhintergrund auf, läuft dann zwischen den Musikern der Radar Brothers hindurch und hüpft von der Bühne herunter in die Zuschauer. Kim Deal folgt ihr. Beide formen mit den Händen Metal-Teufelszeichen und schwenken Feuerzeuge zu den ruhigen Radar-Brothers-Songs. Beim letzten Song schließlich bilden alle eine Big Band. Man steht da und ist hin und weg, als die Stimmen der Deals erstmals rauszuhören sind. Schließlich verschwinden die „fucking Radar Bros.“ (Kim Deal). Wasserflaschen werden auf Kelleys Verstärker gestellt und Bierdosen auf Kims. Zuerst kommt Kim auf die Bühne, pusselt an Effektgeräten und muss dabei schon Autogramme geben. Dann Kelley.

Kim fängt an zu singen: „No bye, no Aloha …“, eines der schönsten Lieder des neuen Albums, Kelley stimmt ein. Nach den ersten Takten folgen die drei Jungs, die Kim Deal im Tourbus immer ärgert: Schlagzeuger Jose Medeles, Bassist Mando Lopez und Gitarrist Richard Presley. Sie alle hat Kim Deal übrigens in einer New Yorker Bar kennen gelernt. In Folge spielen die neuen Breeders das komplette Deal-Oeuvre: Songs von den Amps, das Stück „Iris“ vom 88er-Breeders-Debüt „Pod“, das Kurt Cobain zu seinen Lieblingsplatten zählte, den tollen neuen Hit „Huffer“ mit den Punkakkorden. Man kann nur sagen: Die Freude ist riesengroß über Kims und Kelleys Frage-und-Antwort-Gesang, über den gewaltigen, linkshändig gespielten Rechtshänderbass, über Presley, der während der Ansagen versucht, Deutsch zu lernen, über den Schlagzeuger, dessen Brille einfach nicht rutscht, so wild er auch trommelt. Kim hat die Breeders wieder. Wir auch. JULIE MIESS

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