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Wucher stoppen

Gegen überhöhte Sozialmieten: Behörde holt sich Sachverstand von den Hamburger Mietervereinen

Die Sozialbehörde will bei der Übernahme von Mieten für Sozialhilfeempfänger künftig auf die Expertise der Mietervereine zurückgreifen – um zu verhindern, dass Wuchermieten gezahlt werden. Auf die Eckpunkte einer entsprechenden Zusammenarbeit haben sich die Vereine und die Behörde am Freitag geeinigt. Bis morgen Nachmittag werden Mieterverein und Mieter helfen Mietern (MHM) der Sozialbehörde Vorschläge machen, wie die Zusammenarbeit konkret gestaltet und finanziert werden soll.

„Wir haben seit 15 Jahren versucht, das zu erreichen“, sagt Siegmund Chychla vom Vorstand des Mietervereins zu Hamburg. „Bisher war die Behörde extrem resistent.“ Den Mietervereinen hingegen war schon lange bekannt, dass Vermieter bei Sozialhilfeempfängern eine Chance wittern – weil nicht der Mieter, sondern das Amt die Miete zahlt.

Eine Beratung könne auch die Selbstverantwortung der Sozialhilfeempfänger stärken, so Chychla: „Damit mobilisiert man auch die Betroffenen.“ Der Weg zur Beratung könnte nach Angaben des Vereinsvorstandes folgendermaßen ablaufen: Ein Hilfeempfänger kommt mit einer Mieterhöhung zum Sozialamt. Dem Sachbearbeiter kommt die Erhöhung ungerechtfertigt vor, er kontaktiert einen Juristen der Mietervereine. Bestätigt sich der Verdacht, schickt der Sachbearbeiter seinen Klienten zum Mieterverein, wo dieser Mitglied wird und eine Beratung erhält.

Die Zusammenarbeit soll vom 1. Juli bis zum 31. Dezember dieses Jahres ausprobiert werden. Dass es jetzt zu der Koalition gekommen ist, dürfte nicht zuletzt an dem Skandal um überhöhte Mieten für Sozialhilfeempfänger liegen. Zum wiederholten Mal war bekannt geworden, das Hilfeempfänger zu Höchstsätzen in winzigen, zum Teil heruntergekommenen Zimmern oder Wohnungen lebten. Das Sozialamt hatte die Mieten brav bezahlt, weil sie sich im Rahmen des Höchstsatzes pro Person bewegte. Gernot Knödler

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