zentralabitur in berlin: Es braucht neue Hätschelkinder!
Die Reaktion ist typisch. Kaum stellt irgendwer fest, dass es mit den Schulen krumm läuft, widmet sich die Politik hingebungsvoll den Abiturienten. Sie sind die Hätschelkinder von Bürgertum und Beamtenschaft. Ihre Schule gilt als die einzig echte – entsprechend gibt es mehr Lehrer und mehr Geld für die Penne. So ist es auch diesmal wieder. Es gibt Probleme mit der Schule – also wird das Abitur verbessert.
Kommentar von CHRISTIAN FÜLLER
Es ist aber gerade nach Pisa eine krasse Fehlanalyse, sich nur auf das Abitur zu stürzen. Die Ungerechtigkeiten und auch die Leistungsmängel der deutschen wie der Berliner Schule liegen nämlich nicht am Gymnasium. Das Problem ist, dass Kindergärten und Grundschule so schlecht und kurz sind, dass von zu Hause aus bildungsbenachteiligte Kinder ihre Defizite nicht mehr aufholen können. Hier müsste die Politik als Erstes aktiv werden, nicht bei den Gymnasien.
Wenn man aber auch die Gymnasien stärken will, dann ist die Straffung und Zentralisierung des Abiturs nur ein halber Schritt – womöglich sogar der falsche. Das Missverständnis liegt darin, dass zentrale Vergleichstests von Gymnasiasten hierzulande allzu schnell dazu benutzt werden, Schüler auszusortieren. In Ländern wie Finnland sind zentrale Tests genau dazu nicht da. Sie sind vielmehr ein Instrument, um die Leistungsfähigkeit der Schule zu messen. Ist die Schule fähig ist, Bildungsziele so aufzubereiten, dass die Schüler sie erreichen – und zwar mit Freude? So geht die Frage. Schulsenator Böger hat angekündigt, solche schuldiagnostischen Tests einführen zu wollen. Bislang wird aber nur vom Zentralabitur geredet. Ob das Zufall ist?
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen