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Fluchthelfer und Schlepper

Während des Kalten Krieges galt die meist kommerziell betriebene Hilfe zur Flucht aus einem der „Ostblockstaaten“ als rechtmäßiges Geschäft. Der Bundesgerichtshof stellte in einem Urteil 1980 fest, dass ein Fluchthelfer die ihm versprochenen Gebühren notfalls auch gerichtlich von der geschleusten Person eintreiben könne. Dieselbe Handlung erfuhr jedoch in den 90er-Jahren einen Bewertungswandel: Im Rahmen verschiedener europäischer Konferenzen – dem so genannten Budapester Prozess – wurden Fluchthilfeorganisationen zu Schlepperbanden umdefiniert.

In der öffentlichen Diskussion der 90er-Jahre ist es gelungen, Migration und Kriminalität miteinander zu assoziieren und den Begriff „Flüchtling“ nahezu verschwinden zu lassen. Das neue Feindbild wurde der von kriminellen Schlepperorganisationen eingeschleuste „Illegale“.

Die verschärften Grenzsicherungen der europäischer Staaten entwickeln sich zu einem immensen Arbeitsbeschaffungsprogramm für die kommerzielle Fluchthilfe. Die Aufrüstung der Grenzen und die härten Sanktionen gegen Schlepper und Schleuser bewirken vor allem eines: Sie treiben die Preise in die Höhe. Und das hat Folgen: Es kommt zu einer weiteren Hierarchisierung unter den auf der Flucht befindlichen Menschen. Nur wer es sich leisten kann, ist in der Lage, zum Beispiel eine so genannte Garantieschleusung zu buchen.

In einer Studie im Auftrag des UNHCR analysiert Jim Morrison die Reaktion der europäischen Regierungen auf das wachsende Problem von Menschenhandel und Menschenschmuggel. Morrison kommt zu dem Schluss, dass der größte Teil der politischen Maßnahmen Teil des Problems ist. Flüchtlinge sind gezwungen, auf illegale Mittel zurückzugreifen, wenn sie sich überhaupt Zutritt zu Europa verschaffen wollen. Die Ausrichtung der gegenwärtigen Politik ziele, so die Studie, nicht so sehr darauf ab, das Problem des Menschenschmuggels oder Menschenhandels zu lösen, sondern darauf, „das Recht auf Asyl in Europa abzuschaffen“.

Was tun? Bezogen auf die Sanktionierung von „Fluchthilfe“ muss die Unterstützung der illegalen Einreise aus humanitären Gründen in Zukunft straffrei bleiben. Auf EU-Ebene wurde über Definition und Strafmaß bei der Beihilfe zur illegalen Einreise bereits im Mai letzten Jahren eine politische Einigung im Rat Justiz und Inneres erzielt. Die Forderung nach Straffreiheit für Fluchthilfe aus nicht kommerziellen Gründen wurden zwar aufgegriffen, aber nur als Kannbestimmung.

Angesichts des Sterbens an den EU-Grenzen und der Brutalisierung in diesem zunehmend größer werdenden Markt „Fluchthilfe“ ist eine Kernforderung von Menschenrechtsorganisationen die Abrüstung der europäischen Grenzregime. Für Schutzsuchende müssen legale und gefahrenfreie Wege und Zugänge zu einem europäischen Asylverfahren geschaffen werden.

KARL KOPP

Information: www.unhcr.de

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