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Das Knispeln an den Schnittstellen

Bei der großen Michael-Snow-Werkschau „Hearing Aid“ sind seine Tonuntersuchungen auch zu sehen

Das Filmprogramm der Michael-Snow-Werkschau „Hearing Aid“ ist am Samstag (mit Michael Snow zu Gast) und Sonntag, 19 Uhr, im Arsenal zu sehen. www.fdk-berlin.de

Das Wort „Universalbegabung“ kommt aus einer anderen Zeit. Gut. Dieser Michael Snow ist Musiker, Bildhauer, Maler, Filmemacher. Alles gleichermaßen. Aber in den Arbeiten des Kanadiers spiegelt sich nicht der vertrackte Hang zum plüschigen Gesamtkunstwerk, das sowieso nur in einem Generalangriff die Sinne überwältigen will. Da steht der 1929 geborene Snow eher im Abseits der Avantgarde und untersucht Strukturen. Schnittstellen. Wie sich in einem Medium gewonnene Erkenntnisse und Konzeptionen auch auf eine andere künstlerische Form übertragen lassen.

Was eine geduldige Arbeit ist. Auch dem Betrachter etwas Zeit abverlangt: Im Rahmen der Snow-Werkschau „Hearing Aid“ in Berlin gibt es so im Arsenal neben weiteren seiner experimentellen Arbeiten einen Film zu sehen, bei dem sich bereits der Titel als Langstreckenlauf darstellt: „Rameau’s Nephew By Diderot (Thanx To Dennis Young) By Wilma Schoen“. Dahinter stecken satte 267 Minuten an filmischer Analyse des Verhältnisses zwischen Bild und Ton (30. Juni).

Noch mehr Snow gibt es bei „Hearing Aid“ in der Galerie Klosterfelde. Ab Freitag werden dort seine Tonband- und Schallplattenarbeiten präsentiert. Die Barbara Wien Galerie zeigt Künstlerbücher und Kataloge, und in den Kunst-Werken ist Michael Snows Rauminstallation „Waiting Room“ zu sehen. Zur Eröffnung am heutigen Donnerstag wird Snow, der Musiker, dabei mit dem Ensemble CCMC zu hören sein, zu dem auch John Oswald zählt: der „Plunderphonics“-Erfinder (Referenzplatte seine „Dark Star“-Collage auf „Grayfolded“, das alle verfügbaren Einspielungen des Grateful-Dead-Klassikers zur definitiven Version verdichtet). Bei CCMC ist der Sample-Künstler aber als Saxofonist zu hören. Die Musik? Knispelnde Strukturuntersuchungen der freien Improvisation. Als CCMC-Berlindebüt, heute um 20 Uhr in den Kunst-Werken.

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