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Druck der „Ameisen“ auf die „Pudel“

Brasilien und Südafrika fordern stärkeres Engagement der Industrieländer für den Umweltgipfel in Johannesburg

PORTO ALLEGRE taz ■ Eigentlich sollte das dreitägige Seminar in Rio de Janeiro vor allem symbolischen Charakter haben: Zehn Jahre nach dem Umweltgipfel von Rio reichte Brasiliens Präsident Cardoso am Dienstag die Stafette in Form eines Tabletts aus zertifiziertem Tropenholz an seinen südafrikanischen Kollegen Thabo Mbeki weiter. Mbeki wird im August die Nachfolgekonferenz über nachhaltige Entwicklung in Johannesburg eröffnen. Ebenfalls geladen war der schwedische Premierminister Göran Persson, denn Schweden war 1972 der erste Gastgeber einer UNO-Umweltkonferenz.

Doch dann scheiterte Anfang Juni in Bali das letzte offizielle Vorbereitungstreffen daran, eine Tagesordnung für Johannesburg zu beschließen. Die Industrieländer, allen voran die USA, sind mehr mit ihrem Antiterrorfeldzug beschäftigt als mit Armutsbekämpfung oder Umweltschutz. Nach den kümmerlichen Ergebnissen der UNO-Konferenzen zur Entwicklung in Monterrey und zur Ernährung in Rom stehen auch die Zeichen für Johannesburg bestenfalls auf Schadensbegrenzung.

So sah Cardoso die Chance, Brasilien als Motor für einen neuen Multilateralismus ins Spiel zu bringen. Aus „Rio plus 10“ dürfe „kein Rio minus 20“ werden. Brasilien und die meisten Entwicklungsländer lehnten es ab, die 1992 vereinbarten Prinzipien neu zu verhandeln. Zur Eröffnung machte er die Globalisierung für das Anwachsen der Armut, der „Nord-Süd-Asymmetrie“ und der Umweltzerstörung verantwortlich.

Umweltminister José Carlos Carvalho kritisierte jene Länder, die sich weigerten, internationale Konventionen zu unterzeichnen. Sie könnten anderen kaum Vorschriften über gute Regierungsführung machen, sagte er in Anspielung auf die USA, die weder die Biodiversitätskonvention noch das Kioto-Protokoll zum Klimaschutz mittragen. Doch die Kritik an den USA dürfe nicht zu harsch ausfallen, versuchten Regierungsvertreter die angereiste NGO-Gemeinde zu beschwichtigen. Die Anwesenheit von George W. Bush in Johannesburg sei „entscheidend“, hieß es immer wieder. So verfassten Cardoso, Persson, Mbeki und der britische Vizepremier John Prescott ein Schreiben, das Mbeki den in Kanada versammelten Regierungschefs der G-8-Länder bei seinem Besuch überreichen wird.

Außerdem versuchten die Gastgeber, mit konkreten Vorschlägen voranzugehen. Ähnlich wie die EU wolle man den Anteil erneuerbarer Energien bis 2010 auf 10 Prozent erhöhen. Der brasilianische Vorstoß in der Energiefrage sei für ein Entwicklungsland „einmalig“ und solle deutlich machen, dass auch der Süden zur Eindämmung des Treibhauseffekts beitragen will.

Das Seminar sei „der ermutigendste Moment der letzten Jahre“ gewesen, lobte Steven Sawyer von Greenpeace. Zwei Monate vor Rio 92 habe Bush senior ebenfalls nicht teilnehmen wollen. Zusammen mit den geschlossen auftretenden Umwelt-NGOs könnten die „Ameisen“ Brasilien und Südafrika ihren Druck auf die USA und ihre „Pudel“ Kanada, Japan und Australien noch verstärken.

GERHARD DILGER

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