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Bildung fürs Nichts

Pisa-Forscher kritisiert alle Bundesländer: Viele Schüler sind selbst für einfache Jobs nicht gerüstet

Das Triumphgefühl der Bayern ist unbegründet: Stolz auf die Ergebnisse der Pisa-Studie kann kein einziges deutsches Bundesland sein. Denn ganz Deutschland „gefährdet die Lebensperspektive eines großen Teils der Jugendlichen“, sagte Jürgen Baumert gestern im Gespräch mit der taz. Der deutsche Pisa-Chef und Bildungsforscher vom Max-Planck-Institut hält dies für „den eigentlichen Skandalon unseres Systems“. Ein Viertel der deutschen Jugendlichen werde im Berufsleben scheitern, weil es ihnen an Basisqualifikationen mangelt, um sich selbstständig neues Wissen anzueignen. Diese Risikogruppe sei in allen Bundesländern zu groß.

Baumert kritisierte die Unterschiede innerhalb Deutschlands: „Es kann nicht sein, dass Mindeststandards in bestimmten Ländern systematisch unterschritten werden.“ Für die Stadtstaaten und strukturschwachen Länder wie Sachsen-Anhalt regte er eine „Neugliederung des föderalen Systems“ an – also einen Neuzuschnitt der Bundesländer. Da das Grundgesetz die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse festschreibt, sei fraglich, „ob ein Wechsel von der Isar an die Weser zwei Schuljahre kosten darf“. So groß ist der Lernvorsprung bayerischer Schüler im Vergleich zu Bremen.

Auch kein Grund zum Stolz: die soziale Ungleichheit in Deutschland. Im CSU-regierten Bayern hat ein Kind aus der Oberschicht eine zehnmal höhere Chance, auf das Gymnasium zu kommen, als ein Arbeiterkind. „Nirgends ist das so deutlich.“ Allerdings würden Kinder aus sozial schwachen und eingewanderten Familien in keinem anderen Land so viel lernen. Die SPD hat lange vor allem auf Gesamtschulen als Lösung gesetzt. Doch gerade dort, so Baumert, „ist der Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und Leistung enger als in allen anderen Schulformen“. SAM

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