: Stresemann-Rennen
Bürgerinitiative misst Geschwindigkeit: Nur sieben Prozent der Autofahrer halten sich an Tempo 30. Experte: Schilder allein reichen nicht aus
von GERNOT KNÖDLER
Weil sie keine befriedigenden Antworten darüber erhielten, wie schnell die Autos durch die geöffnete Stresemannstraße düsen, hat die Anwohner-Initiative jetzt selbst gemessen. Das Ergebnis zweier Stichproben: Drei Viertel der Fahrer halten sich nicht an die Geschwindigkeitsbegrenzung.
„Diese Werte sind normal, wenn Tempo 30 nur mit Schildern ausgezeichnet wird“, kommentiert Professor Wolfgang Dickhaut von der Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW), der die Initiative bei der Untersuchung beriet. Um die Geschwindigkeitsbegrenzung durchzusetzen, seien Umbauten notwendig, etwa die Verringerung der PKW-Fahrspuren auf eine. Die Anwohner-Initiative fordert die Wiedereinführung der Busspur, die Bausenator Mario Mettbach (Schill-Partei) im Februar hatte aufheben lassen.
Die Initiative hatte die Geschwindigkeit an zwei Tagen mit der Stoppuhr gemessen: auf Höhe der Eifflerstraße und der Notfallambulanz, beide Male in Richtung Pferdemarkt. Damit wollte sie prüfen, wie weit es mit der von der Schill-Partei beschworenen Einsicht der Autofahrer her ist. Gemessen wurde außerhalb der Stoßzeiten, weil es nur dann überhaupt möglich sei, schnell zu fahren, sagt Hein Schlüter von der Initiative.
Zusammengefasst blieben von rund 250 Wagen nur sieben Prozent unter dem Limit von 33 Stundenkilometern. Weitere 22 Prozent fuhren nicht schneller als 40, 44 Prozent zwischen 40 und 50, 24 Prozent zwischen 50 und 60. Für drei Prozent hätte nicht einmal Schills Wunsch-Limit von 60 Stundenkilometern gereicht.
„Unsere Ergebnisse zeigen, dass der Tempo-30-Kompromiss eine Mogelpackung ist“, sagt Beatrix Lorenz von der Ini. Und Anwohnerin Christl Röhl fordert zum Test auf: „Fahren Sie am Wochenende oder abends mit exakt Tempo 30 durch die Stresemannstraße – und Sie werden am laufenden Band überholt.“
Weil sie das nicht hinnehmen will, ruft die Initiative für heute Abend wieder zur üblichen Freitagsdemonstration auf. Zum Treffpunkt an der Ecke Bernstorffstraße kommen ab 17 Uhr diesmal auch Anja Hajduk, Spitzenkandidatin der GAL bei der Bundestagswahl, und Christa Goetsch, die GAL-Direktkandidatin für Altona. Überdies soll es eine Kinder-Mal-Aktion und eine Samba-Performance geben.
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