: Alles muss raus
Gruner + Jahr will auch seine Regionalzeitungen in Sachsen verkaufen. Aber die SPD-Beteiligung an der „Sächsischen Zeitung“ macht noch Probleme
aus Dresden MICHAEL BARTSCH
Sachsens Presselandschaft steht vor dem Umbruch: Weil der Hamburger Großverlag Gruner + Jahr aus dem Tageszeitungsgeschäft aussteigt, sind die Sächsische Zeitung (Dresden) und die Boulevardblätter Dresdner bzw. Chemnitzer Morgenpost umständehalber abzugeben.
Immerhin die Sächsische galt als Dukatenesel unter den G+J-Regionalzeitungen. Geschäftsführer Mario Frank gibt sich so strahlend, als wolle sich die Braut für den neuen Käufer schmücken. Man habe seine „Hausaufgaben“ gemacht und stehe trotz anhaltender Krise des Werbemarktes „glänzend da“. Wie hoch die Gewinne derzeit sind, verrät er nicht, nur so viel: Der Rückgang an Abonnements konnte durch die jüngsten Preiserhöhungen ausgeglichen werden. Frank spricht auch lieber von Strukturreformen als vom Abbau von Redakteurstellen und der Ausgliederung von Lokalredaktionen, die 1999 den ersten Pressestreik in Sachsen auslösten.
Dafür gibt es warme Wort für den scheidenden Alteigentümer: Anders als manche Berliner Kollegen habe man keinen Grund, mit Gruner + Jahr bislang unzufrieden zu sein, sagt Frank – und ist über den anstehenden Verkauf „nicht sehr glücklich“.
Dukatenesel?
Auch das Festhalten an der Dresdner Morgenpost rentiere sich, sagt Frank. Mit 72.000 Exemplaren liege das Blatt noch vor der lokalen Bild-Ausgabe.
Nach Informationen von Michael Kopp vom Ver.di-Medienbereich schreibt die Mopo in Chemnitz wie in Dresden aber bestenfalls noch eine schwarze Null. Mehrfach war daher schon über die Einstellung der Titel spekuliert worden, die Leipziger Mopo-Ausgabe ist schon seit längerem dicht. Für die Boulevardtitel fällt jetzt in jedem Fall der bisher vom Berliner Kurier gelieferte überregionale Teil weg. Neue Kosten entstünden aber nicht, sagt der stellvertretende Chefredakteur Gregor Tschung: Dies sei „keine Überlebensfrage“, preiswertere Alternativen lägen in der Schublade. Tschung kann sich auch nicht vorstellen, dass ein künftiger Käufer den attraktiven Dresdner Boulevardmarkt kampflos an Springers Bild übergeben würde. Der Verkauf der G + J-Titel soll nun „zügig gehen“, sagt Geschäftsführer Frank, auch wenn der G+J-Vorstand betonte, „nicht unter Zeitdruck“ zu stehen.
Dafür aber unter politischem: Der 40-Prozent-Mitgesellschafter der Sächsischen Zeitung heißt Sozialdemokratische Partei Deutschlands. Im Büro von SPD-Schatzmeisterin Wettig-Danielmeier wurde gestern jede Stellungnahme zu einer Fortsetzung dieser lukrativen Beteiligung abgelehnt.
Offenbar hat dieser Anteil einem Verkauf an den Holtzbrinck-Konzern im Weg gestanden. Die Verlagsgruppe Holtzbrinck (Tagesspiegel, Handelsblatt, Zeit) übernimmt die im Berliner Verlag erscheinenden Blätter von G + J (Berliner Zeitung, Kurier).
Allerdings hat es zwischen der Sächsischen und der bereits zu Holtzbrinck gehörenden Lausitzer Rundschau im Raum Weißwasser bereits einen Deal gegeben, als die Sächsische ihre Lokalredaktion an das Konkurrenzblatt abtrat. Auch Geschäftsführer Mario Frank spricht von Synergieeffekten als Zukunftssicherung der Zeitungsverlage. Er habe dabei allerdings zunächst das Vertriebs- und Anzeigengeschäft im Blick, weniger die Redaktion.
Elke Schanz vom Betriebsrat der Sächsischen ist deshalb nicht ganz frei von Sorgen um einen künftigen Personalabbau, auch wenn man sich derzeit noch ruhig verhält.
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