: Der Bumerang-Mann
Was er baut und fliegen lässt, kommt sicher wieder zurück: Klaus Dieter Franke ist Bremens Bumerang-Mann. Er besitzt Tausende, mit den meisten kann sogar sprechen
Es ist eine Szene aus einer australischen Fernseh-Serie: Ein Kind wirft einen Bumerang, und solange er fliegt, steht die Zeit für alle anderen still. „Dieser mystische Effekt ist für mich noch heute da“, sagt Klaus Dieter Franke (45), Netzwerktechniker aus Huchting und seit 17 Jahren Fan der wiederkehrenden Flugobjekte. „Ich würde mich selbst als bumerang-verrückt bezeichnen.“
Ob Langzeitflieger, Tier-Bumerang oder fangfreundlicher Dreiflügler – zu Franke kommen sie alle wieder zurück. „Ich sprech’ vorher mit dem Bumerang. Der sagt mir, wie ich ihn werfen muss. Und wir sind uns einig: Wir werden uns gleich wieder treffen.“ Kaum hat er das gesagt, klatscht er die Hände zusammen und hat den hölzernen Flieger wieder gefangen.
Wenn es um Bumerangs geht, kennt Frankes Kreativität keine Grenzen: Zwei, drei oder gar vier Flügel – vom Delphin bis zum Indianer mit Kopfschmuck hat er alles schon gebaut und farbenfroh bemalt. Die Werkstatt hinter seinem Haus gleicht einer kleinen Bumerang-Manufaktur. Hunderte der wundersamen Flugobjekte, die der Bumerang-Bauer auch über das Internet vertreibt, hängen dort an der Wand. Schleifscheiben, Feilen und verschiedene Sägen liegen herum, es riecht nach Sägespänen. Das finnische Birkensperrholz, beliebtester Rohstoff der Bumerangianer, bezieht Franke gleich quadratmeterweise beim Großhändler.
Mit seiner Begeisterung für die fliegenden Krummstäbe hat Franke – auf seinem T-Shirt steht „german boomerang team“ – schon viele infiziert. Selbst der jüngste seiner Söhne, gerade einmal vier Jahre alt, spielt bereits mit Umkehrfliegern aus Pappe. Und ein Arbeitskollege von Franke, der sich einmal unverfänglich nach dessen Hobby erkundigt hat, kam auch nicht mehr los: Zusammen mit Franke organisiert er am 20. und 21. Juli in Varrel bei Stuhr die norddeutschen Bumerang-Meisterschaften.
Zehn bis zwölf Stunden in der Woche frönt Franke seinem Hobby, die fünf bis sechs Turniere pro Jahr und die Kinder-Workshops, die er gibt, nicht mitgerechnet. „Ich möchte am liebsten nur das machen“, gesteht der Familienvater: „Wenn man davon nur leben könnte.“
Wieder ein Wurf. Diesmal aber will der Bumerang nicht: Statt ruhig seine kreisförmige Bahn zu ziehen, taumelt er, fliegt wild hin und her, stürzt schließlich ab. „Sicheln“ und „Abschmieren“ sagen die Bumerangianer dazu. „Das ist schon ein bisschen frustrierend, weil man ja weiß, man kann’s“, gibt Franke zu: „Ich versuche dann immer, ihn gedanklich in eine Flugbahn zu zwingen.“
Draußen am Ochtum-Deich, nicht weit von seinem Haus, lässt der Bumerang-Freak seine Flieger fast täglich durch die Luft sirren. Die Abendsonne im Rücken hat er die Arme angewinkelt zum Abwurf. Ein kurzer Blick noch, ein Innehalten zum Prüfen des Windes, dann schnellt sein Unterarm nach vorne und schleudert das hakenförmige Dings in die Luft; im letzten Moment noch, kurz vor dem Loslassen, versetzt er seinem Liebling mit dem Handgelenk den nötigen Drall.
Zip-zip-zip saust der buntbesprühte Flieger in den Himmel, steigt höher und höher, bis er kaum noch zu sehen ist, und stabilisiert seine Bahn dann in einem gleichmäßigen Drehen. Minutenlang wird er so durch die Luft schweben, unendlich langsam dem Boden sich nähern. Nur das rhythmische Pfeifen der Flügel ist nun zu hören. Klaus Dieter Franke steht auf der Wiese, die Birkenstock hat er längst ausgezogen, und kann die Augen nicht abwenden. Da steht die Zeit tatsächlich still. Armin Simon
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