: Pinochet straffrei
Ein chilenisches Gericht erklärt den Exdiktator wegen geistiger Demenz endgültig für verhandlungsunfähig
BERLIN ap/taz ■ Gegen den chilenischen Exdiktator Augusto Pinochet wird es keinen Prozess wegen Menschenrechtsverletzungen während seiner Militärdiktatur geben. Das Oberste Gericht in Santiago erklärte den 86-Jährigen wegen fortschreitender Demenz und seines schlechten Gesundheitszustandes für verhandlungsunfähig.
Das Gericht hat damit die Entscheidung der Vorinstanz vom Juli 2001 bestätigt. Chilenische Anwälte hatten im Mai gefordert, das Verfahren gegen wieder aufzunehmen. Die medizinischen Gutachten, die damals als Beweis für Pinochets Demenz herangezogen worden waren, stammten alle von Pinochets Leibärzten. Ein unabhängiges Gegengutachten hatte es während des Prozesses im vergangenen Jahr nicht gegeben. Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch forderte nun die Offenlegung der Krankenakte Pinochets, um sicherzugehen, das die Gutachter diesmal tatsächlich unabhängig waren.
Auch die Ermittlungen des chilenischen Richters Juan Guzmán gegen Pinochet werden mit diesem Urteil eingestellt werden. Guzmán hatte Pinochet im Januar 2001 wegen der so genannten „Todeskarawane“ angeklagt, bei der Pinochet kurz nach seinem Putch 1973 die Ermordung von über 70 linken Oppositionellen veranlasst haben soll. Guzmán will nun gegen andere ranghohe Mitstreiter Pinochets ermitteln. Auch die Angehörigen von Opfern des Regimes hoffen nun, wenigstens einige von Pinochets alten Kameraden vor Gericht zu bringen. „Das Gericht kann schließlich nicht alle für verrückt erklären“, sagte Anwalt Eduardo Contreras.
Während der Herrschaft Pinochets von 1973 bis 1990 sollen laut offiziellen Berichten mehr als 3.200 Menschen ermordet und tausende politische Gefangene gefoltert und misshandelt worden sein. Auch heute noch erfreut sich Augusto Pinochet einer großen Anhängerschaft in Chile, die in ihm den Retter vor der sozialistischen Regierung Salvador Allendes und den Grund für die stabile Wirtschaftslage Chiles sieht.
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