Durchschnittliches Deutschland

Die Zahl der Arbeitslosen in Deutschland war im Mai leicht tiefer als in der Eurozone

BERLIN taz ■ Kein Zweifel, Deutschland hat eine hohe Arbeitslosigkeit. Dass die Lage jedoch nicht ganz so dramatisch ist, wie es die Union im Wahlkampf gerne darstellt, zeigt ein Blick auf die gestern von Eurostat in Luxemburg veröffentlichten Zahlen. Deutschland hatte im Mai 8,1 Prozent Arbeitslose – bei einem Durchschnitt in der Eurozone von 8,3 Prozent.

Schlechter als Deutschland schnitten Frankreich, Finnland und Spanien ab, das mit 11,4 Prozent am Schluss liegt. Für Italien und Griechenland, die in der Vergangenheit ebenfalls hinter Deutschland lagen, wurden keine Zahlen vorgelegt. Europäischer Musterknabe in Sachen Beschäftigung ist Luxemburg mit 2,3 Prozent Arbeitslosen, gefolgt von weiteren Kleinstaaten.

Ins Auge springt das Gefälle zwischen den Kleinen, bei denen Arbeit in Hülle und Fülle vorhanden zu sein scheint, und den Großen, deren Arbeitsmarkt einfach nicht auf Touren kommen will. Ein Grund dafür sei die geringe Flexibiliät der Großen bei Strukturreformen, sagte Ulrich Walwei, Vizechef des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung in Nürnberg, zur taz. So sind in Luxemburg 76 Prozent im zukunftsträchtigen Dienstleistungssektor tätig, in Deutschland nur 63 Prozent.

Außerdem hätten die nun in der Statistik vorne liegenden Staaten den „Aktivierungsgedanken“ bereits seit längerer Zeit gesetzlich verankert. „In Holland, Dänemark und Schweden werden Langzeitarbeitslose drangsaliert, wenn sie keinen Job annehmen“, sagt Walwei. Dies habe sich in der letzten Konjunktur positiv auf den Arbeitsmarkt ausgewirkt.

Dem Vorbild der Kleinen folgen nun die Großen: Frankreich habe bereits „Eingliederungspläne“ für Arbeitslose geschaffen, die Hartz-Kommission gehe in die gleiche Richtung. Doch die Aktivierung von Arbeitslosen, so warnt Walwei, „macht nur in Phasen des wirtschaftlichen Aufschwungs Sinn“. PHILIPP MÄDER