: Poker um Babcock
Der Oberhausener Konzern hat Insolvenz beantragt, hofft aber weiter auf eine Lösung. Dabei geht es um eine Neuausrichtung
DÜSSELDORF ap/dpa ■ Die Rettungsbemühungen um den angeschlagenen Maschinenbaukonzern Babcock Borsig ziehen sich hin. Bis Redaktionsschluss war gestern noch keine Lösung in Sicht. Nachmittags hatte Arbeitsminister Harald Schartau (SPD) erklärt, bis Montag werde sich nichts entscheiden, wenige Stunden später sagte ein Sprecher der Staatskanzlei jedoch, die Landesregierung setze „auf ein schnelleres Ergebnis“.
Das Oberhausener Unternehmen hatte in der Nacht Insolvenz beantragt. Babcock-Vorstand und die Vertreter der Gläubigerbanken, der Anteilseigner sowie der Landesregierung betrachteten dies jedoch lediglich als „Akt, der juristisch geboten“ gewesen sei, um eine Verschleppung zu vermeiden. Nachdem nach den ersten beiden Gesprächsrunden nicht klar war, wie der Großteil der 22.000 Arbeitsplätze erhalten werden könnte, verhandelten sie auch gestern wieder. Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Wolfgang Clement (SPD) erklärte, es gehe um eine „völlige Neustrukturierung“ einschließlich der kompletten Führungsstrukturen. Ein Rahmenvertrag liege schon seit Mittwoch vor, sei aber noch nicht akzeptiert.
Ein grundlegendes Problem ist laut Clement der Mangel an Vertrauen in den Konzern, für das erst eine neue Grundlage gefunden werden müsse. Es handele sich um „eine der kompliziertesten Unternehmenskrisen“. Schließlich müssten sich rund 300 Konzernunternehmen in dem Konzept wiederfinden.
Ökonomisch geht es offenbar um eine Größenordnung von 700 bis 800 Euro. Neues Eigenkapital von 200 Millionen Euro soll bereits gesichert sein. Zudem haben Bund und Land eine Bürgschaft bis etwa 300 Millionen Euro zugesagt, wovon der Bund 200 Millionen Euro tragen soll. Clement betonte, es gehe um eine „Überbrückung für einige Wochen“. Falls die Rettungsversuche scheitern, droht nach Schätzungen des Betriebsrats der Verlust von mehreren tausend Arbeitsplätzen in Deutschland. IG-Metall-Chef Klaus Zwickel kritisierte, dass wegen des Verhaltens der Banken Arbeitnehmer „zum Opfer eines Konzernpokers zu werden“ drohten.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen