Zoff am Beckenrand

Marc Politze will demnächst für Wasserballserienmeister Spandau ins Becken gehen. Am Sonntag erzielt er aber noch mal drei Tore für Hannover und verhindert vorerst den 23. Titel für Spandau

von THOMAS PLÜNNECKE

Die Wogen schlugen wieder hoch. Fast schon traditionell beschränken sich Begegnungen zwischen den Wasserballern von Spandau 04 und Waspo Hannover-Linden nicht nur auf das Schwimmbecken. Auch die Final-Serie um die deutsche Meisterschaft bildet keine Ausnahme. Stein des Anstoßes: Marc Politze. Der 24-jährige Nationalspieler wechselt in der kommenden Saison von der Leine an die Spree.

Dabei ist es weniger der Transfer an sich, der für Zündstoff sorgt, als vielmehr dessen Umstände. „Keiner von uns verübelt Marc den Wechsel. Darüber haben wir gesprochen“, sagt Bernd Seidensticker. Der Zorn des Waspo-Trainers richtet sich gegen Spandaus Präsidenten Hagen Stamm. Der, meint Seidensticker, habe so lange gebohrt, bis Politze weich geworden sei.

Da Stamm in Personalunion die Funktion des Bundestrainers ausübt, wirft ihm Seidensticker Amtsmissbrauch und Wettbewerbsverzerrung vor. Rückenwind bekommt der Coach von Manager Bernd Eckert: „Wir hatten stets auf die Neutralität Stamms gesetzt. Zu der ist er jedoch offenbar nicht fähig.“

In Berlin reagiert man gelassen auf das Theater. Stamm: „Es ist doch völlig normal, dass ein Spieler zur Erweiterung seines Horizonts etwas Neues kennen lernen möchte.“ Eine Argumentation, mit der auch Politze seine Entscheidung begründet: „Nach acht Jahren bei Waspo reizt mich eine neue sportliche Herausforderung.“ Angebote von spanischen und französischen Klubs hat der 24-Jährige mit Blick auf sein Studium der Wirtschaftswissenschaften abgelehnt. „Obwohl sie finanziell lukrativer waren“, wie er betont. Waspo-Trainer Seidensticker bedauert den Verlust seines Schützlings: „Das bedeutet für uns zunächst das Ende als Spitzenmannschaft.“

Mit dem Wechsel sucht der wurfstarke Center nicht nur optimale Bedingungen, um sich für Olympia 2004 in Athen vorzubereiten, sondern auch die Nähe zu Freundin Melanie. Politze ist seit über einem Jahr mit der Tochter von Spandau-Präsident Stamm liiert. Den Schwiegervater in spe hat er schon überzeugt – zumindest sportlich. Stamm verspricht sich von der Verpflichtung des Bundesliga-Torschützenkönigs und „Wasserballer des Jahres“ vor allem einen Schub für internationale Auftritte: „Wir spielen zwar im Europa-Cup eine gute Rolle, sind aber nicht mehr so dominant wie noch in den 80er-Jahren – und da ist Marc sicherlich eine Verstärkung. Für mich ist er zurzeit der mit Abstand beste deutsche Spieler.“

Neben dem Politze-Transfer meldeten die Berliner in weiteren Personalentscheidungen Vollzug. So erneuerte der 22-malige Titelträger die Verträge mit zahlreichen Führungsspielern. Auch Kapitän Patrick Weissinger, der zuvor intensiv mit einem Vereinswechsel geliebäugelt hatte, bleibt an Bord. Dagegen wird Igor Uchal die Wasserfreunde verlassen. Der Torwart hütet in der nächten Saison das Gehäuse beim Aufsteiger SSV Esslingen. Angreifer René Grotzki verabschiedet sich ebenfalls. Als potenzielle Arbeitgeber sind die Lokalrivalen SG Neukölln und SC Wedding im Gespräch. Darüber hinaus wurde die Zusammenarbeit mit Hauptsponsor Bewag um zwei Jahre verlängert. Zuvor hatte der Energie-Versorger nur Kontrakte über eine Spielzeit abgeschlossen.

Aus Berliner Sicht war somit alles in Butter vor dem Finale gegen den Dauerrivalen. Fehlte nur noch der sportliche Erfolg. So starteten die Spandauer in der Vorwoche mit einem 12:10-Auswärtssieg in die Best-of-five-Serie. An diesem Wochenende hatte der Rekordchampion die Möglichkeit, den 23.Titelgewinn perfekt zu machen. Im Forumbad am Olympia-Stadion zeigten die Niedersachsen zwar schon am Samstag eine starke Leistung, mussten sich dem Röhle-Team aber mit 5:11 geschlagen geben. Die Spandauer Tore erzielten Marko Savic (3), Andreas Schlotterbeck, Jens Pohlmann (je 2), Patrick Weissinger, Slawomir Andruskiewicz, Christian Ingenlath und Dennis Wieder. Für Hannover trafen Daniele Polverino (2), Arne Hartmann, Sören Mackeben und Marc Politze.

Am Sonntag hatten die Hannoveraner dann mehr Glück. Sie trotzten den Spandauern in deren Becken einen 7:5-Sieg ab. Zu Beginn des letzten Viertels führte Hannover gar mit 6:1. Entscheidend für den Spielausgang war ausgerechnet Marc Politze, der gleich drei Tore für die Hannoveraner erzielte. Die Meisterfeier vor eigenem Publikum fiel somit ins Wasser. Statt eines deutlichen 3:0-Gewinns kann Spandau nur noch eine wackelige 2:1-Führung aufweisen. Die müssen die Berliner nun am kommenden Freitag beim vierten Spiel in Hannover verteidigen. Sollten sie dort erneut verlieren, entscheidet ein letztes Spiel in Berlin. Damit hätten die Wasserfreunde bereits Erfahrung. Auch im vergangenen Jahr hatten sie zunächst eine 2:0-Führung verspielt und am Ende doch noch gewonnen. Der Gegner damals: Waspo Hannover.