schnittplatz
: Herr Bu lacht

Dass Kanzlerkandidaten im Wahlkampf direkt miteinander reden, ist in Deutschland noch ziemlich neu. Und deshalb gibt es vor den Live-Diskussionen im Fernsehen für das Kandidatenpärchen Schröder/Stoiber als Trockenübung den Schlagabtausch in gedruckter Form.

Natürlich in Bild. (Im August legen Süddeutsche und Welt nach.)

Mächtig exklusiv, mächtig lang (für BamS-Verhältnisse) und mächtig lahm kommt „Das Gesprächsprotokoll“ der beiden seit gestern in beiden Bild-Titeln daher. Man saß auf Gelsenkirchner Barock in der „ehrwürdigen Bibliothek des Axel-Springer-Verlags“ (Bild-Prosa), die Fragen stellten Kai Diekmann (Bild) und Klaus Strunz (BamS) – und der Kanzler hat trotzdem gewonnen.

Von Duell aber keine Spur: Trotz homöopathischer Sottisen am Anfang („Ein bisschen ein Schauspieler“ – Stoiber über Schröder, „schöne Legende vom Einser-Juristen“ – Schröders Retourkutsche Richtung Stoiber) blieb alles erwartungsgemäß sehr, sehr vorsichtig.

Denn das war das Besondere am Doppelinterview: Was gesagt wurde, durfte später nicht zurückgenommen werden. Früher war das selbstverständlich. Heute werden Interviews autorisiert (lat. für „etwas ins Gegenteil des Gesagten verkehren bzw. weglassen“). Doch hier durften die Wahlkampfmanager und PR-Berater nur „sprachlich glätten.

Der gestern veröffentlichte Teil des Gesprächs dreht sich nun um Wirtschaftspolitik. Der Kanzler hat die schlechtere Bilanz, der Herausvorderer aber die längeren Sätze. Und weil ja nach den Spielregeln dieses kugellosen Duells niemand korrigierend eingreifen durfte, konnten Stoider und Schröber spaltenlang über die Staatsquote streiten, ohne das jemand erklärte, was das ist.

Höflich seien die beiden miteinander umgegangen, wurde anschließend berichtet. Stoiber habe die Anrede „Herr Bundeskanzler“ vermieden, weiß darüber hinaus die Berliner Zeitung – und nur einmal „Herr Bu…– ah, Herr Schröder“ gesagt.

War das nun Duell-entscheidend? Immerhin: Die Sekundanten der beiden Herren trafen sich am nächsten Tag um zwölf Uhr mittags hinter dem Springer-Hochhaus – zur sprachlichen Glättung.

STEFFEN GRIMBERG