piwik no script img

Banken bauen Babcock ab

Die Sanierung des Oberhausener Anlagenbauers Babcock-Borsig ist am Widerstand der Banken gescheitert. Die Politik ergeht sich in Bedauern und macht das Management verantwortlich

BERLIN taz ■ Schlechte Zeiten für die politische Rettung kriselnder Unternehmen: Nach Holzmann, Fairchild Dornier und der Maxhütte erwischte es gestern Babcock-Borsig. Nachdem die tagelangen Rettungsversuche der nordrhein-westfälischen Landesregierung unter Zuarbeit der Bundesregierung am Widerstand der beteiligten Banken gescheitert sind, muss der Oberhausener Konzern endgültig in die Insolvenz. Tausende Arbeitsplätze stehen auf dem Spiel – auch wenn NRW-Ministerpräsident Wolfgang Clement (SPD) gestern beteuerte, die Absage an den Sanierungsplan bedeute nicht die Absage aller Bemühungen, den Konzern und möglichst viele der insgesamt 22.000 Arbeitsplätze zu erhalten.

„Die Insolvenzordnung lässt ja ein konstruktives Miteinander mit dem Insolvenzverwalter zu“, sagte Clement. Diese Chance wolle er mit einer zwischen Staatskanzlei, Arbeits- und Wirtschaftsministerium angesiedelten „Task Force“ nutzen. Auch finanzielle Hilfe hielt er weiterhin für möglich: „Wenn Rettungsbürgschaften benötigt werden, schließe ich nicht aus, dass wir uns daran beteiligen.“ Im Verlauf der Verhandlungen hatten Land und Bund Bürgschaften über 430 Millionen Euro angeboten.

Die Bundesregierung zeigte sich enttäuscht über den mangelnden Erfolg der Anstrengungen. Eine Sprecherin verwies darauf, dass das Weiterführen von „überlebensfähigen Teilen der Gesellschaft“ nicht nur im Interesse der Beschäftigten liege. Es sei auch wichtig, um „industrielle Kompetenzen im deutschen Anlagen- und Kraftwerkbau“ zu erhalten. SPD-Generalsekretär Franz Müntefering bemühte sich, die Manager des Konzerns und insbesondere den früheren Vorstandschef Klaus Lederer für die Pleite haftbar zu machen: „Es gibt zweifellos ein Problem mit dem Management: Einer hat sich vom Acker gemacht.“ IG-Metall-Chef Klaus Zwickel warf dagegen den Banken „politische Machtspiele“ vor. Die Rettung von Babcock werde von einigen Banken unter „wahltaktischen Gesichtspunkten“ blockiert, sagt Zwickel. Der Konkurs passe den Banken offenbar „gut ins Konzept“.

Der wirtschaftspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Matthias Wissmann, ersparte Rot-Grün Vorwürfe und erklärte, die Entwicklung bei Babcock-Borsig offenbare die „schwere Strukturkrise der deutschen Wirtschaft“. Auch der CDU-Landesvorsitzende von NRW, Jürgen Rüttgers, äußerte sich ungewohnt sanft: „Ich bedauere, dass es Ministerpräsident Clement nicht geschafft hat, das Insolvenzverfahren abzuwenden.“ Demonstrative Zurückhaltung zeigten dagegen die Grünen. „Ich möchte hier keine operativen Ratschläge an den Kanzler geben“, sagte Vizekanzler Joschka Fischer. Schon in der Vergangenheit hatten die Grünen Rettungsaktionen per Regierungsintervention eher kritisch gesehen. ANN/BW/PAT

brennpunkt SEITE 3

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen