: berliner szenen Baut Borsig wieder auf!
Historischer Auftrag
Mit dem Ende des Konzerns Babcock-Borsig ist Berlin gefährdet – weniger der Wirtschaftsstandort als vielmehr jenes Berlin, aus welchem unsere Nation Saft und Kraft bezieht. Denn mit Borsig ist schon das zweite Unternehmen am Ende, das Berlin einst zur größten deutschen Großstadt werden ließ, ein Werk, das mit Lokomotiven und schwerer Artillerie weltweit Aufmerksamkeit erregte.
Von der längst untergegangenen AEG gibt es steinerne Zeugen, wie etwa das Turbinenwerk in Moabit. Es muss folglich ein Zeichen her, das die Bundeshauptstadt rehistorisiert, das von einem souveränen Umgang mit der Wirtschaftsgeschichte zeugt und zugleich die Moderneauffassung von Rot-Grün untermauert. Daher sammele, besagen unbestätigte Gerüchte, der Kaufmann Wilhelm von Boddien bereits Gelder, um mit einer historischen Fassadenattrappe für einen vollständigen Wiederaufbau des erst vor wenigen Jahren unter dem totalitären Diepgen-Regime teilweise abgerissenen Borsig-Werkes in Tegel zu werben. Auch Antje Vollmer soll betont haben, dass Borsig in Berlin eine einzige Industrie-Lücke am Rande der Stadt hinterlassen habe, und dass ihr Eintreten für den Wiederaufbau der Waffenschmiede keinesfalls ihr „Outing als preußischer Militarist“ bedeute. Auch Bundestagspräsident Wolfgang Thierse soll gesagt haben, dass allein die vollständige Wiederherstellung des Borsig-Werkes von 1902 „Industriehistorie erlebbar“ mache. Nur die industriefeindliche PDS ließ nach Presseberichten verlauten: „Wer sich ein Werk wünscht, soll es auch bezahlen.“ Der Bundestag wird voraussichtlich noch vor der kommenden Legislaturperiode über den Wiederaufbau des Borsig-Werkes beschließen.
JÖRG SUNDERMEIER
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