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Vom Sparen erwürgt

Laut DIW ist das Ende des Aufschwungs bereits wieder absehbar.Die restriktive Finanzpolitik und der starke Euro bremsen die Wirtschaft

Niedrige Zinsen und hohe Tarifabschlüsse begünstigen derzeit das Wachstum

aus Berlin BEATE WILLMS

Auch wenn Konjunkturforscher für gewöhnlich die Zahl hinter dem Komma nicht halb so ernst nehmen wie die Medien, konnte sich Gustav Adolf Horn ein bisschen Genugtuung doch nicht verkneifen. „Der Aufschwung kommt“, sagte der Experte des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) gestern bei der Vorstellung der Sommer-Grundlinien 2002/2003. „Aber er bleibt nicht lange.“ Die Wirtschaft werde in diesem Jahr länger brauchen, um sich zu erholen – länger als die sechs führenden Forschungsinstitute in ihrem Frühjahrsgutachten im April vorausgesagt hatten.

Damals musste sich Horn der Kompromissprognose 0,9 Prozent für dieses und 2,4 Prozent für das kommende Jahr beugen. Das DIW war zuvor nur von einem Wachstum von 0,6 Prozent für 2002 und 2,1 Prozent für 2003 ausgegangen. Nun konnte Horn mit den neuesten Berechnungen beinahe genau diese Zahlen unterfüttern. Beinahe: Im nächsten Jahr wird der Schwung noch schneller ausgehen, so dass das Bruttoinlandsprodukt kaum um mehr als 2,0 Prozent steigen kann. Grund dafür ist laut Horn das Sparprogramm der Bundesregierung. Diese jedoch wollte sich von den Aussagen des sozialdemokratisch orientierten Berliner Instituts nicht irritieren lassen. „Es gilt die Prognose von 2,5 Prozent“, hieß es aus dem Bundesfinanzministerium. Die „robuste Konjunktur“ gewinne immer noch an Fahrt. Daher halte man es „nicht für angebracht“, die eigenen Erwartungen ebenfalls zurückzuschrauben.

Das DIW geht davon aus, dass die weltweite, vor allem von den USA getragene Konjunkturbelebung inzwischen auch auf Deutschland übergegriffen hat und die hiesige Wirtschaftsleistung im dritten und vierten Quartal zwischen 3,5 und 4,0 Prozent verbessern kann. Maßgeblich unterstützt werde sie dabei durch die Zinssenkungen der Europäischen Zentralbank aus dem letzten Jahr – geldpolitische Maßnahmen brauchen bis zu 12 Monate, um auf die reale Wirtschaft durchzuschlagen. Auch der private Konsum soll nach den günstigen Tarifabschlüssen wieder zunehmen, zumal sich der so genannte Teuro-Effekt zumindest gesamtwirtschaftlich als Erfindung herausgestellt hat: Statistisch lässt sich kein Preisanstieg im Zusammenhang mit der Euro-Bargeldeinführung feststellen.

Dass der also eigentlich rundum gestützte Aufschwung so schnell wieder vorbei sein soll, begründete Horn zum einen mit der Aufwertung des Euro gegenüber dem US-Dollar. „Auf den Export können wir nicht bauen“, sagte der Konjunkturexperte. Zum anderen werde die restriktive Haushaltspolitik das Wachstum um mindestens 0,5 Prozentpunkte verringern. Entscheidend seien dabei die Zusagen an Brüssel, „bis 2004 einen nahezu ausgeglichenen Haushalt“ vorzulegen. Das DIW geht davon aus, dass diese auch bei einem möglichen Regierungswechsel eingehalten werden.

Besonders absurd an der Sparpolitik: Das Haushaltsziel lässt sich kaum ohne einen kräftigen Aufschwung bis ins Jahr 2004 erreichen. Das DIW plädiert deshalb dafür, den Euro-Stabilitätspakt so zu modifizieren, dass er kurze Konjunkturschwankungen berücksichtigt und tatsächlich eine „Grundlage für solide Haushaltspolitik“ bietet.

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