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Die Filmkritikerin Frieda Grafe ist tot

Stellt man der Würdigung Frieda Grafes einen Gegenentwurf voran, bieten sich zwei Figuren an: die des Schwärmers, der sich den Werbeabteilungen der Produktionsfirmen andient, und die des Großkritikers, der sich seinem Gegenstand von Anfang an überlegen sieht und daher als Richter die Urteile fallen lässt wie die Guillotine das Beil. Frieda Grafe glich keiner der beiden. Das machte und macht sie besonders – gerade heute angesichts einer Filmkritik, die sich ohne Not das Denken austreibt. Zu schreiben begann sie in einer Zeit, als das Kino hierzulande nach Aufbruch verlangte: 1962 wollte man in Oberhausen Papas Kino zu Grabe tragen. Es war auch das Jahr, von dem an Frieda Grafe in Filmkritik veröffentlichte, der drei Jahre zuvor von Enno Patalas, ihrem Gefährten, gegründeten Zeitschrift. Später, nachdem Filmkritik eingestellt worden war, schrieb sie in der Süddeutschen Zeitung, in der Zeit, gelegentlich in der taz, dazu kamen Bücher, Übersetzungen, Rundfunkbeiträge. 1962 schloss sie ihr Romanistikstudium an der Sorbonne ab, und als sie zurückkehrte, brachte sie einiges mit von dem, was in Paris das Reden und Schreiben über Kino prägte: dass es ein Gegenstand war, der nach intellektuellem Zugang und genauem Blick verlangte. Sie fand dafür eine neue Sprache, indem sie Theorie, Literatur, Film, Analyse, Alltag und Erfahrung verflocht, ohne ein Ziel, eine einzige Bedeutung anzusteuern. Damit schuf sie eine Form der Kritik, die heute wie versunken scheint. Dies zu betrauern sollte nicht den Nostalgikern allein überlassen werden. cn (Das Bild zeigt Frieda Grafe und Josef v. Sternberg 1969, FOTO: ARCHIV)

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