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Jugendferien in der Zelle

Verdi beklagt Gesetzesverstoß im Knast : Erziehungsauftrag nicht gesichert/ Behörde erklärt: Es ist Urlaubszeit / Bekommen „Simulanten“ bald einen Malus?

„Weiterhin unhaltbare Zustände“ beklagt die Gewerkschaft Verdi im Jugendknast im Blockland: „Gefangene werden bis zu 23 Stunden ‘weggesperrt‘.“ Solche Verhältnisse widersprächen dem Jugendgerichtsgesetz. Dieses formuliere einen Erziehungsauftrag, für den „Ordnung, Unterricht, Arbeit, Leibesübungen und sinnvolle Beschäftigungen in der freien Zeit“ Grundlagen des Jugendvollzugs sind. Auch gebe es ständig Beschwerden über ausfallende Sport- und mangelnde Freizeitangebote sowie schlechte medizinische Versorgung.

„Wir haben Urlaubszeit“, sagt zu den Einschlüssen die Sprecherin der Justizbehörde, Lisa Lutzebäck. Für Inhaftierte, die die Schule besuchen, fiele deshalb ein Teil ihrer Tagesaktivitäten aus. Die vorgeschriebenen „sinnvollen“ Freizeitaktivitäten müssten aber nicht täglich stattfinden. Zugleich verwies sie darauf, dass Bremen überdurchschnittlich viele Jugendliche in Arbeit, Schule und Ausbildungsmaßnahmen unterbringe.

Was den auch im Rechtsausschuss kritisierten Sportausfall betreffe, so solle veränderter Personaleinsatz dem abhelfen. Probleme in der Gesundheitsversorgung wies Lutzebäck zurück. Zwar gebe es Klagen, nachdem die Arztvisiten auf den Knast-Stationen derzeit nicht stattfinden. Doch sei die Fortsetzung des gesetzlich nicht vorgeschriebenen Angebots noch offen.

Auf Nachfrage der taz bestätigte Lutzebäck, dass anstaltsintern erwogen werde, mit den Krankmeldungen möglicher Simulanten, die als Notfall einen Arzt sehen wollten, künftig anders umzugehen. Es gebe die Idee, solche unbestätigten Notfälle mit entsprechendem „ärztlichem Vermerk“ in den Vollzug zurück zu schicken. Während die Anstaltsleitung darauf verweist, dass Arztbesuche wiederholt zum Austausch von Kasssibern missbraucht wurden, vermuten Beobachter ein Einschüchterungsprogramm, das das knappe Personal von Krankenfahrten entlasten soll. Personalmangel begründe auch, warum die ärztliche Untersuchung bei Haftantritt immer wieder verspätet stattfinde.

Unterdessen hat sich die im Frühsommer eskalierte Situation zwischen Richterschaft und Justizbehörde sowie Anstaltsleitung entspannt, nachdem nun ein lange angemahntes Konzept für den Jugendvollzug vorgelegt wurde. Dieses soll im August abschließend beraten werden. Zum öffentlichen Eklat war es gekommen, nachdem ein Jugendrichter einen Mehrfachtäter nicht in Haft einwies, weil er dort die Erziehung des Jugendlichen nicht sicher gestellt sah und die Behörde den Beschluss des anerkannten Jugendrichters scharf kritisiert hatte. ede

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