: „Istaf als gesellschaftliches Ereignis“
Der Ex-Zehnkampf-Olympiasieger Christian Schenk ist neuer Istaf-Direktor. Er will das Leichtathletikmeeting mit Entertainment und Sportpromis wieder zu neuer Größe führen und hofft auf ein interessiertes Publikum in Ostberlin
taz: Herr Schenk, hat Berlin als Sportstadt im Moment einen schlechten Ruf?
Christian Schenk: Ja, man muss es so sagen, die Bewerbung zur Leichtathletik-WM 2005 ist wohl auch auf Grund dieses mäßigen Rufes gescheitert.
Der Neuanfang für das Istaf nach der eingeleiteten Insolvenz wird nicht leicht. Es istnicht mal sicher, ob das Meeting in der Golden League verbleibt.
Im September wird die Entscheidung über die Reduzierung der Golden-League-Meetings von sieben auf sechs fallen. Da wir gerade schlechte Erfahrungen mit der WM-Bewerbung gemacht haben, will ich jetzt nicht darauf wetten, dass Berlin in der Golden League bleibt. Wenn nicht, hätten wir natürlich ein Problem, da uns künftig 800.000 Euro TV-Gelder fehlten, die wir für den Einkauf der Stars aber dringend brauchen. Sollten wir den Golden-League-Status verlieren, wäre ein Neubeginn mit einem kleinen Fest unter einem anderen Namen wahrscheinlich das Beste.
Wie wollen Sie das Istaf für Zuschauer, Sportler und Sponsoren attraktiv machen?
Wegen des Umbaus des Olympiastadions ziehen wir in diesem Jahr zwar in den Jahnsport-Park, aber das ist mir eigentlich ganz recht. Das Stadion wird am 6. September ausverkauft sein, und vielleicht bringt es uns im Ostteil der Stadt sogar neue Interessenten. Generell ist es mein Ziel, aus dem Istaf ein gesellschaftliches Ereignis zu machen. Dazu gehört ein attraktives Rahmenprogramm im Kultur- und im VIP-Bereich.
Zum Beispiel?
Ich werde einen Istaf Gold Club gründen mit Leichtathleten, die in Deutschland Sportgeschichte geschrieben haben. Die möchte ich einladen. Wir wollen eventuell auch, wenige Tage vor dem 11. September, die derzeit schnellsten Menschen der Welt in die US-Botschaft einladen.
Die Rettung für das Istaf besteht in einer geballten Ladung Entertainment und klappt mit klingenden Namen?
So hart es klingt: Wir müssen aufpassen, dass die Leichtathletik nicht zur Randsportart mutiert. Im Fernsehen dominieren längst Fußball, Formel 1 und Boxen. Die Leichtathletik hat es da nicht einfach, zumal uns die ganz großen Stars fehlen. Gut, wir haben einen Nils Schuman oder 400-Meter-Vizeweltmeister Ingo Schultz, aber was kommt danach? Die EM in München wird vielleicht mithelfen, dass wir da vorankommen und auch beim Istaf mit einigen deutschen Medaillengewinnern an den Start gehen können.
Sportfeste wie das Istaf gelten als optimale Verdienstmöglichkeit für Spitzenathleten. Kommerz und Sport haben sich hier ineinander verzahnt.
Ein Problem habe ich insofern damit, als dass die Kommerzialisierung die Leistungen der Athleten nicht immer positiv beeinflusst. Die erfolgreiche Trainingsmethodik musste aufgegeben werden, was insbesondere für die älteren Trainer im Osten Deutschlands ein großes Problem ist. In der DDR gab es einen Qualifikationswettkampf und dann den Saisonhöhepunkt, bei dem man top sein musste. Heute ist das anders, weil man über die Teilnahme an vielen Wettkämpfen eine Menge Start- und Preisgelder verdienen kann. Der Reiz des Geldverdienens steht manchmal vor dem Ziel, beim Jahreshöhepunkt auch die Nummer eins zu sein. Das ist schizophren, weil man als Olympiasieger natürlich auch höhere Startgelder bekommt.
Ist diese Situation nicht in allen Ländern so?
Nicht ganz. In Deutschland heißt es für einen Spitzenathleten immer: Trainiere wie ein Profi, aber denk an deine Zukunft! Deshalb gibt es nur wenige Sportler bei uns, die ein wirklich professionelles Umfeld besitzen, um Weltspitzenleistungen zu bringen. INTERVIEW: GUNNAR LEUE
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