: Bewag bleibt am Drücker
Exmonopolist liefert weiterhin die Elektrizität in Berlins öffentlichen Gebäuden. 90 Prozent davon sind grüner Strom, zumeist aus Kraft-Wärme-Kopplung. Senat erteilt heute offiziell den Zuschlag
von STEFAN ALBERTI
Die Bewag wird auch nach der Liberalisierung des Strommarkts weiterhin in den öffentlichen Gebäuden Berlins die Lichter leuchten lassen. Nach taz-Informationen erhält der frühere Monopolist heute offiziell den Zuschlag bis Ende 2004. Morgen soll der Vertrag unterzeichnet werden. Auf die Landesimmobilien entfällt rund jede zehnte in Berlin verbrauchte Kilowattstunde. Bereits Ende Juni soll die Bewag eine Zusage der Senatsverwaltung für Finanzen in der Post gehabt haben.
Das Land hatte den Auftrag im Frühjahr erstmals nach der Liberalisierung des Markts europaweit ausgeschrieben. Der noch gültige Fünfjahresvertrag mit der Bewag läuft Ende September aus. Bislang zahlt das Land jährlich rund 70 Millionen Euro für die Stromversorgung. Nach taz-Informationen soll dieser Betrag in etwa gleich bleiben. Weder Senatsverwaltung noch die Bewag mochten sich dazu äußern.
Deutlich verändert aber ist der Inhalt des Bewag-Angebots: Demnach wird das Unternehmen die öffentlichen Gebäude ausschließlich mit umweltfreundlich erzeugtem, so genanntem grünen Strom versorgen. 90 Prozent sollen über das Verfahren der Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) aus Berliner Anlagen kommen. Die restlichen 10 Prozent will die Bewag, die selbst keinen Strom aus erneuerbaren Energiequellen herstellt, von einem österreichischen Wasserkraftwerk beziehen. Bislang kommen lediglich 40 Prozent des Stroms aus KWK-Anlagen, der Rest aus herkömmlichen Kraftwerken.
Mit ihrem Angebot liegt die Bewag weit über den Anforderungen der Ausschreibung, die Ende März an Energieversorger europaweit gegangen war. Sie schloss lediglich Atomstrom aus. Die Grünen-Fraktion im Abgeordnetenhaus hatte zuvor unter dem Motto „Grün und günstig“ gefordert, verbindlich festzulegen, dass der künftige Vertragspartner mindestens die Hälfte des Stroms aus Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen liefert und fünf Prozent aus erneuerbaren, so genannten regenerativen Energiequellen kommen. Das Parlament aber folgte den Grünen nur teilweise: Die ökologischen Kriterien sollten nur in Nebenangeboten abgefragt werden, aber nicht bindend sein. Nur wenn bezahlbar, sollte sich das Land für grünen Strom entscheiden. Ein „egal, was es kostet“ dürfe es nicht geben, sagte der umweltpolitische Sprecher der SPD, Daniel Buchholz. Auch Umweltpolitiker müssten diese Transparenz aushalten.
Im Wirtschaftsausschuss des Parlaments rechnete die Senatsverwaltung zudem 20 Prozent höhere Kosten vor, wenn sich die Grünen-Fraktion mit ihrer Forderung durchsetzen sollte. Deren umweltpolitische Sprecherin Felicitas Kubala mag daher angesichts der jetzigen Entscheidung ein breites Grinsen nicht verbergen. „Wir haben uns immer Sprüche anhören müssen wie: Typisch, diese Ökos, keine Ahnung vom Wirtschaften.“ Jetzt zeige sich das Gegenteil: Dass die Bewag nun trotz ihres ökologischen Angebots den Zuschlag bekommt, bestätige die Aussage der Grünen, dass grüner Strom nicht teurer sein müsse und durchaus wettbewerbsfähig sei. „Wir haben darauf seit Jahren insistiert“, sagte Kubala.
Teil des Bewag-Angebots an den Senat soll auch eine Energiesparberatung sein. Nach Grünen-Angaben gehen Experten davon aus, dass sich der Stromverbrauch in den Gebäuden des Landes um 20 bis 30 Prozent verringern lässt.
Die CDU-Fraktion hatte im Frühjahr das Verfahren kritisiert und ein Nachspiel vorhergesagt. Ihr umweltpolitischer Sprecher Uwe Goetze hielt die Ausschreibung für stark auf den bisherigen Lieferanten zugeschnitten und für juristisch problematisch. „Wenn die Bewag genommen wird, ist klar, dass das vor Gericht endet. Dann wird jeder Wettbewerber klagen, dass das von vornherein so vorgesehen war.“
In den Parlamentsberatungen hatten laut Umweltausschusschef Uwe Doering viele Abgeordnete die hiesigen Arbeitsplätze im Kopf. Dass ein Festhalten am Exmonopolisten jedoch nicht zwingend war, hatte eine eigenständig agierende Landeseinrichtung vorgemacht: Das Abgeordnetenhaus verließ Ende der 90er unter Bewag-Protest den früheren Monopolisten und bezieht seinen Strom seither vom baden-württembergischen Energieversorger EnBW.
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