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Demo für Sommer

Während der Telekom-Aufsichtsrat über Ron Sommers Zukunft beriet, demonstrierten Mitarbeiter für den Chef – und gegen Einfluss der Politik

BONN taz ■ Nein, auf Ron Sommer wolle er nichts kommen lassen. „Dieser Mann hat es nicht verdient, abgesetzt zu werden“, sagt der ältere Mann in der lustigen Kluft, der vor dem Telekom-Hauptsitz in Bonn steht. Das sei eine „Spiegelauer Tracht“, klärt der gebürtige Bayer auf. Die trage man in seiner Heimat nur zu „besonderen Anlässen“. Und gestern war für ihn so ein besonderer Anlass. Während der Aufsichtsrat der Telekom zunächst in informellen Gesprächen über Sommers Zukunft beriet, demonstrierten vor den Türen etwa 250 Mitarbeiter für den Verbleib des Telekom-Chefs. „Sommer Hoch statt Schröder Tief“, „Wir sind kein Politzirkus“, „Wir sind das Unternehmen – nicht Schröder, Stoiber & Co“ und „Ohne Sommer sieht’s trüb aus“ stand auf ihren Transparenten.

Erst um 15 Uhr begann der offizielle Teil der Aufsichtsratssitzung. Gerüchte kursierten: Bleibt Sommer doch, muss stattdessen Aufsichtsratschef Hans-Dietrich Winkhaus gehen? Ihm werfen Kritiker vor, die Ablösung Sommers dilettantisch vorbereitet zu haben. Die 20 Aufsichtsräte werden je zur Hälfte von der Kapitaleignerseite und von der Arbeitnehmerseite gestellt. Bei den Kapitaleignern sitzen der Großaktionär Bund und die bundeseigene Kreditanstalt für Wiederaufbau, die zusammen 43 Prozent der Aktien halten. Bis zum späten Nachmittag blieb unklar, ob es für eine Ablösung Sommers eine Mehrheit im Aufsichtsrat geben würde.

Der Telekom-Chef stand schon seit Monaten unter Druck: Milliardenschulden und ungewisse Zukunftsaussichten beim neuen Mobilfunkstandard UMTS ließen die T-Aktie von einst über 100 Euro auf zeitweise weit unter zehn Euro stürzen. Sommer selbst lehnte einen Rücktritt jedoch weiter ab und wollte vor dem Aufsichtsrat seine Strategie verteidigen.

Ungeachtet der Unsicherheit in der Führungsfrage legte die T-Aktie nach dem Absturz am Montag gestern wieder zu. Bis 13 Uhr stand das Papier mit 10,73 Euro 4,1 Prozent im Plus.

Unterdessen bekräftigte die Union ihre Ablehnung des als Sommer-Nachfolger ins Gespräch gebrachten SPD-Mitglieds Gerd Tenzer, bisher im Vorstand für Technik und Netze zuständig. Tenzer sei eine „parteipolitische Lösung“, kritisierte CSU-Landesgruppenchef Michael Glos. Lasse sich nicht doch noch ein erfahrener Manager finden, solle Sommer im Amt bleiben. Der CSU-Bundestagsabgeordnete Rudolf Kraus forderte gar einen Untersuchungsausschuss zu den Vorgängen um die Telekom. PASCAL BEUCKER

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