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Malochen für die Manager

betr.: „Banken bauen Babcock ab“, taz vom 9. 7. 02

Immer diese negative Aufregung in Deutschland, wenn mal ein Unternehmen über die Wupper geht, wie jüngst Babcock-Borsig.

Wer arbeiten will, der kriegt auch was und braucht noch nicht mal ein Ass zu sein. Der Vorstandsvorsitzende von Babcock, Klaus Lederer, hat sich nicht entmutigen lassen, nur weil er Bockmist gebaut hat, sondern sich rechtzeitig bemüht, und schon hat er was bei der HDW-Werft in Kiel. Wenn so wie er jeder der Beschäftigten bereit wäre, eigenverantwortlich Besitzstände aufzugeben und den Wohnort und die Branche zu wechseln, statt rumzujammern und sich auf den Staat zu verlassen, könnten sich die Medien endlich wieder den wichtigen Themen zuwenden. Etwa, ob Ströder oder Schroiber eine bessere Figur macht, oder was hinter der künftigen Stadtschlosskulisse stattfinden soll. […]

KLAUS PREISUCHA, Oldenburg

betr.: „Viel Anreiz, wenig Jobs“ von Gaby Gottwald, taz vom 9. 7. 02

Anscheinend haben sich die Gewerkschaften vom Leiter der Hartz-Kommission um den Finger wickeln lassen, und Bundeskanzler Schröder macht mit bei diesem bösen Spiel! Er spart auf unsere Kosten 4,5 Milliarden Euro im Jahr 2003 ein. Die Beiträge für die Renten- und Krankenkassen sinken für die Arbeitgeber, und die Besserverdienenden zahlen in die Privatversicherungen ein.

Für schwer Vermittelbare und behinderte Menschen gilt der Arbeitszwang. Sie müssen für den Sozialhilferegelsatz von 275 Euro malochen, damit ein VW-Manager wie Herr Hartz noch mehr Geld erhält!

[…] Die Herren Unternehmer werden auf Kosten aller immer reicher. Sie sind verantwortlich für Arbeitslosigkeit und Armut. Dass die Gewerkschaften dem zustimmen, widerspricht ihrer inneren Berufung. Sie verhalten sich gegenüber den Betroffenen absolut unsolidarisch und schneiden sich damit ins eigene Fleisch.

BETTINA FENZEL, Bremen

betr.: „Dem Osten was Neues“ von Christoph Seils, taz vom 11. 7. 02, „Die starken und die schwachen Arbeitslosen“ von Barbara Dribbusch, taz vom 13. 7. 02

Was einem von der taz im Zusammenhang mit der Berichterstattung über Hartz-Vorschläge u.ä. teilweise geboten wird, das ist schon eine Zumutung: Christoph Seils voll auf BDI-Linie kickt Staatseingriffe und ABM in die Tonne und preist uns Qualifizierung und Unternehmergeist. Herr Seils kann ja nicht wissen, dass diese Lehrgänge zum Teil derartig schlecht sind, dass von einer Simulation von Ausbildung zu sprechen schon eine Beschönigung wäre, und Bildungsträger hier nur auf Kosten der Arbeitslosen abkassieren. Also schnell qualifiziert und schon klappt’s mit dem Job und wenn nicht, dann einfach mal Unternehmer werden. Keine Angst vor Pleitenrekord und Konsumzurückhaltung – Eigenkapital gibt’s sowieso bei jeder Bank.

Wenn’s schief geht, empfiehlt Herr Seils den Gang zur Insolvenzberatung und zum Sozialamt … selbst schuld, da haben wohl „Selbstbewusstsein, Kreativität und Unternehmergeist“ gefehlt.

Nun, mit dieser Sicht der Dinge kommt Herr Seils bestimmt noch weit und weiter bringt’s bestimmt auch Frau Dribbusch, die in ihrem Kommentar das Propagandamärchen von den leeren Staatskassen bemüht, um einem „differenzierten“ Sozialabbau das Wort zu reden. Teile und herrsche, die einen mobben wir in sklavenartige Billigjobs, die anderen kriegen Zwangsarbeit zu 2E vom Sozialamt, daily terror durch „Missbrauchsermittler“ inbegriffen. Noch sind wir ja human.

Letztlich ist doch auch klar – für die sozial Schwachen kann ja nichts übrig bleiben, wenn sich zum Beispiel Manager sowie Sport- und Glamourschickeria nicht nur dank gesenktem Spitzensteuersatz immer mehr in die Taschen stopfen (wer soll denn sonst auch die Phaetons und Maybachs kaufen) oder wenn Milliarden in Militärairbus, internationale Raumstation und staatliche Protz- und Prestigeobjekte fließen.

Aber da die Artikel in der taz standen, habe ich sicher nur was falsch verstanden, und die Erde ist eine Scheibe.

THOMAS FLECHSENHAR, Berlin

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