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Wal-Mart wagt einen neuen Anlauf

Der US-Konzern konnte in Deutschland nicht Fuß fassen und versucht es noch mal. Aus den Fehlern gelernt hat er nicht

WUPPERTAL dpa ■ Der weltgrößte Handelskonzern muss Lehrgeld in Deutschland zahlen: Vier Jahre nach dem Markteintritt fährt Wal-Mart Germany nach Brancheninformationen Verluste in dreistelliger Millionenhöhe ein. Neben Problemen mit unrentablen SB-Warenhäusern und der Konsumflaute sitzt dem Konzern die Justiz im Nacken. Wal-Mart soll gerichtlich gezwungen werden, die Bilanzen für 1999 und 2000 offen zu legen.

Auf die Krise reagiert der Konzern nun mit Umstrukturierungen und Investitionen. Bis 2003 soll es drei neue Filialen geben. Bestehende Warenhäuser sollen saniert und Verlustbringer wie Ingolstadt oder Wilhelmshaven dichtgemacht werden. Insgesamt hat Wal-Mart derzeit in Deutschland 95 Filialen und 17.000 Beschäftigte.

„Die Neueröffnungen unterstreichen unser langfristiges Engagement auf dem deutschen Markt“, sagt Deutschland-Chef Kay Hafner. Das ging schon einmal schief: Als Wal-Mart Ende 1997 die Wertkauf-Kette übernahm, zitterten in Deutschland die Einzelhandelskonzerne. Von „Good Old Germany“ aus wolle man mit Discountpreisen und einer Service-Offensive Europa erobern, tönte es aus der US-Firmenzentrale in Bentonville. Was dann folgte, war aus Sicht von Branchenkennern eine Kette grober Managementfehler. Das musste selbst der erfolgsverwöhnte Wal-Mart-Boss Lee Scott einräumen: „Man könnte ein Lehrbuch über unsere Erfahrungen in Deutschland schreiben.“

Dabei warfen die Amerikaner ohne Not eine alte Händlerweisheit über Bord: „All retail is local.“ Manager aus Übersee sollten die deutsche Tochter aufbauen, ohne den Markt zu kennen, der als härtester in Europa gilt. Die Margen sind schmal, von 100 Euro Umsatz bleiben nur 80 Cent in der Kasse. Einzig der deutsche Discount-Primus Aldi kommt auf etwa 2,80 Euro. Inzwischen sitzen auch deutsche Manager in der Wal-Mart-Chefetage. Ein weiterer Fehler war die Strategie, Masse um jeden Preis zu erzielen. Auch die aggressive Preispolitik schlug fehl. Die Konkurrenten zogen mit. Inzwischen sei Wal-Mart durchschnittlich 11 bis 25 Prozent teurer als Aldi, Lidl und Norma, errechnete die Gesellschaft für Konsumforschung.

Die Branche spekuliert, dass Wal-Mart in Deutschland allein nicht in die erste Einzelhandelsliga aufsteigen kann. Doch Übernahmen oder Kooperationen zeichnen sich derzeit nicht ab.

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