: Krieger der untergehenden Sonne
Hier in Brandenburg befand sich einmal der Nabel der deutschen Baseballszene. Doch davon ist in Strausberg heute nichts mehr zu spüren. Die Sun Warriors kämpfen gegen den Abstieg. Gegen die Pulheim Gophers hieß das Sieg und Niederlage
von ANDREAS RÜTTENAUER
Eine einsame Kassiererin sitzt wenig beschäftigt am Einlass zum Baseballstadion. Der Würstchenbrater im Imbissstand lehnt gelangweilt über seiner Arbeitsplatte. Als der Stadionsprecher zu Beginn der Bundesligapartie der Strausberg Sun Warriors gegen die Pulheim Gophers die Heimmannschaft vorstellt, verlieren sich gerade einmal 50 Zuschauer auf der Tribüne. Das sportliche Aushängeschild der Stadt Strausberg lädt zum Heimspieltag in der Baseball-Bundesliga – doch das Interesse hält sich in Grenzen.
Andreas Franke, Präsident des Baseballclubs, ist froh, dass in der Ferienzeit überhaupt so viele Zuschauer gekommen sind. Er erzählt vom Heimspiel am Ostersonntag, als über 400 Zuschauer bei herrlichem Wetter den Sieg seiner Warriors gegen die favorisierten Bonn Capitals verfolgten. Er weiß aber auch, dass der Spielmodus in der Bundesliga nicht gerade zuschauerfreundlich ist. Die Heimmannschaft spielt zwei Begegnungen gegen das jeweilige Gästeteam hintereinander. Bisweilen muss man mehr als fünf Stunden investieren, will man beide Begegnungen bis zum Ende sehen. Das schreckt viele Zuschauer ab – nicht nur in Strausberg.
Dass hier vor kurzem einmal der Nabel der deutschen Baseballszene war, davon ist gar nichts zu spüren auf der Anlage des Sport- und Erholungsparks. Zwei Jahre ist es nun her, dass Mitch Franke, der Sohn des Präsidenten, als erster Bundesligaspieler in die US Major League Baseball gewechselt ist. Sportreporter aus ganz Deutschland hätten sich bei ihm vorgestellt, berichtet Strausbergs Papa Baseball. Leider habe man nur wenig Werbung in eigener Sache machen können. Auch wegen Mitchs Abgang haben die Sun Warriors nur knapp den Klassenerhalt geschafft. Die Besucher aus den Redaktionen konnten nur wenig Positives aus der Garnisonsstadt vor den Toren Berlins vermelden.
Auch in diesem Jahr müssen die Sonnenkrieger wohl bis zuletzt gegen den Abstieg spielen. Die Pulheimer gelten als ähnlich stark wie die Mannschaft des australischen Coachs Phil Ardill und hatten vor dem Doppelspieltag einen Sieg mehr auf dem Konto als die Heimmannschaft. Die erhofften zwei Siege konnten jedoch nicht eingefahren werden. Immerhin gewannen die Strausberger die erste Begegnung mit 3:1. Im zweiten Spiel mussten sie nach einem unglücklichen Punkt im letzten Inning den Platz als Verlierer verlassen. Natürlich ist der Präsident enttäuscht. Vor den Spielen glaubte er fest an einen Doppelsieg. Noch bis kurz vor Schluss ist Franke optimistsich: „Wir haben den besseren Pitcher.“ Doch dann glitt Catcher Wilgen Reyes ein sicherer Fly-out-Ball aus dem Handschuh – Pulheim konnte zum 2:1-Endstand punkten.
Franke ist auch nach der Niederlage nicht verzagt. Er ist einfach stolz auf das, was er für den Baseball in Strausberg erreicht hat. Immer wieder zeigt er auf Moritz Buttgereit, der als einer der talentiertesten Spieler in Deutschland gilt. Der Juniorennationalspieler aus Berlin spielt seine erste Saison in Brandenburg. Da es in der Hauptstadt nicht einmal mehr eine Zweitligamannschaft gibt, ist er froh, hier spielen zu können. In der Region sind die Sun Warriors unbestritten die Nummer eins. Vor Saisonbeginn reisen die besten Spieler aus Berlin an, um sich für das Bundesligateam zu empfehlen. Die besten werden verpflichtet. Das motiviere, so Franke, auch die Spieler, die aus dem eigenen Nachwuchs kommen. Denn auch sie stehen vor jeder Saison auf dem Prüfstand.
Auf die Jugendarbeit ist Franke besonders stolz. „Auf Freizeitebene“, sagt er, „ist Baseball schon ein richtiger Breitensport hier geworden.“ An Schulen gibt es Arbeitsgemeinschaften, die den Fundus bilden, aus dem die Nachwuchsmannschaften der Warriors bestückt werden. Auch wegen der Beliebtheit des Sports bei den Kindern und Jugendlichen in der Stadt glaubt Präsident Franke fest an die Zukunft von Baseball am Standort Strausberg.
Und dann gibt es ja noch Mitch Franke. Sollte er sich in den USA wirklich aus der Ausbildungsspielklasse Minor League, in der er trotz Armverletzung ganz ordentlich spielt, Richtung Major League emporarbeiten, werden sicher wieder einige Scheinwerfer auf den Sport- und Erholungspark Strausberg gerichtet.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen