: Architektenkongress pleite
Heute startet in Berlin der 21. Weltkongress der Architekten. Doch die Teilnehmerzahl bleibt weit hinter den Erwartungen zurück. Für den Bund Deutscher Architekten hat das erhebliche Folgen
von UWE RADA
„Ressource“ Architektur heißt das Motto, unter dem sich ab heute Architekten aus aller Welt in Berlin zum 21. Weltkongress Architektur treffen. Beim veranstaltenden Bund Deutscher Architekten (BDA) sind die Ressourcen dagegen heute schon aufgebraucht. Weil der Kongress mit bislang nur 3.500 Anmeldungen weit hinter den Erwartungen zurückbleibt, steht der BDA vor einem finanziellen Scherbenhaufen.
„Wir hatten das Budget mit anderen Zahlen geplant“, räumt BDA-Bundesgeschäftsführer Carl Steckeweh im taz-Interview ein. Gleichwohl gibt sich Steckeweh noch optimistisch und hofft auf eine Teilnehmerzahl von 5.000 bis 6.000. Zum Vergleich: Zum 19. Weltkongress vor sechs Jahren in Barcelona kamen 13.800 Architekten. In Peking waren es vor drei Jahren 5.800 Teilnehmer, doch dort war der Kongress weitestgehend staatlich finanziert worden. In Berlin sollten dagegen die Teilnehmer selbst den Kongress in schwarze Zahlen bringen. Doch Teilnahmegebühren von 460 Euro werden selbst von Architekten, die gut im Geschäfts sind, als zu teuer angesehen.
Weniger optimistisch als Claus Steckeweh ist deshalb Petra Kahlfeldt, die Vorsitzende des Berliner Landesverbandes des BDA: „Der Verband wird mit erheblichem Schaden aus dem Kongress hervorgehen.“ Um den Konkurs des BDA, der im nächsten Jahr sein hundertstes Jubiläum feiert, zu verhindern, müsse man, so Kahlfeld, „beim Bundesverband erhebliche Einschnitte vornehmen“.
Gedacht ist an eine Halbierung der bislang zehn Stellen in der Bundesgeschäftsstelle sowie den Verkauf der BDA-Flächen im Deutschen Architekturzentrum (DAZ) in der Köpenicker Straße. Außerdem, so Kahlfeldt weiter, müsste ein Fünftel der Mitgliederbeiträge in den nächsten vier bis fünf Jahren dafür aufgebracht werden, die Schulden aus dem Kongress zu tilgen. Der BDA als exklusiver Architektenverband hat in Berlin 228, in Deutschland an die 5.000 Mitglieder.
Für Kahlfeld sind die Einschnitte aber auch eine Chance. „Es gibt schon seit ein paar Jahren die Überlegung, den BDA wieder föderaler zu organisieren.“ Da sich das Berufsbild der Architekten in den letzten Jahren sehr geändert habe, müsste der Verband jetzt nachziehen. „Der Bundesverband hat sich doch sehr von den Landesverbänden entfremdet.“ Nun müssten eben wieder sehr viel mehr Aufgaben an die Landesverbände delegiert werden.
Nach Informationen der taz haben die Kritiker aus den Landesverbändensteht vor allem BDA-Geschäftsführer Steckeweh im Visier. Sie haben sich angesichts der drohenden Pleite bereits vor zwei Wochen zur einer Krisensitzung getroffen. Dabei wurde auch überlegt, ob man den Kongress nicht in letzter Minute noch absagen solle. Nun scheint es, als müsste Steckeweh nach dem Kongress den Hut hinschmeißen. Der Geschäftsführer selbst will davon nichts wissen und verweist auf eine Hilfe des Bundes. Die kommt von Bundesbauminister Kurt Bodewig (SPD) und beträgt 350.000 Euro. Weniger engagiert zeigte sich dagegen der Berliner Senat. Statt dem Regiernden Bürgermeister Klaus Wowereit wird Vizebürgermeisterin Karin Schubert das Land bei der heutigen Eröffnung vertreten.
Ein anderer BDA-Funktionär wird den Kongress dagegen wohl unbeschadet überstehen. In Verbandskreisen wird damit gerechnet, dass BDA-Präsident Gottfried Andreas Hempel im Verlauf des Kongresses zum Chef des Weltverbandes der Architekten (UIA) gewählt wird, in desssen Auftrag der BDA das Berliner Architektenspektakel ausrichtet.
Unterdessen wird schon vor Kongressbeginn heftig über die Gründe für das mangelnde Interesse spekuliert. Während Noch-BDA-Geschäftsführer Steckeweh auf die schlechte Konjunktur für die Architektenschaft und die Kongressmüdigkeit seit dem 11. September hinweist, sieht die Berliner BDA-Chefin Petra Kahlfeldt die Gründe auch im Verband selbst. „Es ist schon bezeichnend, dass sich bundesweit nur etwa 600 BDA-Mitglieder angemeldet haben.“ Sie hätte es für besser gefunden, den Kongress auf zwei Tage zu verkürzen. „Eine Woche kann sich ein Architekt heute kaum mehr leisten.“
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