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brand im nichtraucherhaus von RALF SOTSCHECK

Der Anruf traf Mary auf ihrer Arbeitsstelle in der Dubliner Innenstadt wie ein Schlag. „Aus deinem Haus dringt dichter Rauch“, sagte die Nachbarin. „Ich habe bereits die Feuerwehr verständigt.“ Mary eilte zu ihrem Auto „Der Hammeleintopf“, schoss es ihr durch den Kopf. „Ich habe den Herd nicht ausgeschaltet.“ Als sie endlich zu Hause, standen zwei Löschzüge, ein Krankenwagen und die Nachbarin mit einem doppelten Cognac vor der Tür.

„Sind sie sicher“, fragte der Oberlöscher, „dass niemand im Haus ist?“ Höchstens ein Einbrecher, meinte Mary, nippte an dem Cognac und beobachtete fasziniert die schwarzen Rauchschwaden, die aus dem strikten Nichtraucherhaus drangen. Der Feuerwehrmann wollte wissen, ob Mary Esoterikerin sei. „Na, erlauben Sie mal“, antwortete Mary empört, als ob der Uniformierte ihr gerade schweren Alkoholismus unterstellt hätte. „Wie kommen Sie denn darauf?“

Esoteriker seien schuld daran, dass die Zahl der Hausbrände in letzter Zeit dramatisch gestiegen sei, erklärte der behelmte Beamte: „Sie zünden Kerzen an, brennen Räucherstäbchen ab und verbrennen irgendwelche Öle bei Ihrer Aromatherapie.“ 62 Menschen sind im Jahr 2001 in Irland verbrannt, deutlich mehr als im Vorjahr. Matt McCormack, der stellvertretende Oberbrandmeister, warnt: „Wenn man eine Kerze neben einer Gardine anzündet, kann das zu einem Feuer führen.“ Das ist eine wichtige Erkenntnis. Viele wissen vielleicht auch nicht, dass man auf dem synthetischen Flokati im Wohnzimmer kein Lagerfeuer entfachen darf. Und Feuerschlucker sollten nicht in einem Dynamitlager üben.

Der Feuerexperte Patrick Shanahan rät allen irischen Haushalten, Sprinkleranlagen zu installieren. Die Zahl der Verletzten würde dadurch um 55 Prozent, die der Toten gar um 72 Prozent sinken, meint er. Wenn man dazu noch einen Rauchmelder installiert, könnten sogar die Esoteriker gerettet werden. Shanahan verlangt, dass die irische Regierung gesetzlich vorschreibt, in neue Häuser Sprinkleranlagen einzubauen. Das könnte ihm so passen. Shanahan ist Eigentümer von „Residential Firesprinklers Ireland“, es ist die einzige Firma auf der Grünen Insel, die solche Anlagen in Privathäuser einbaut– für 3.800 Euro pro Stück. Außerdem gehört Shanahan dem britischen Sprinklerverband an. Für was die Leute alles Verbände gründen.

Mary hatte sich inzwischen den zweiten doppelten Cognac genehmigt und saß kichernd in ihrem Auto. Die Nachbarin tippte auf schweren Schock gepaart mit Trunkenheit, doch Mary sagte: „Ich stelle mir gerade das blöde Gesicht von meinem Mann vor, wenn ich ihm sage, dass ich unser Haus abgebrannt habe.“ Die beiden Frauen bogen sich vor Lachen, was die Feuerwehrmänner, die gerade beherzt ins Haus stürmen wollten, etwas irritierte. Nach ein paar Minuten kamen sie wieder heraus: Der Topf sei nicht mehr zu gebrauchen, der Eintopf ungenießbar, aber sonst sei nichts passiert. Es wird Wochen dauern, bis der Gestank in dem Haus, in dem noch nie jemand rauchen durfte, verflogen ist. Das gönne ich ihnen.

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