Waffenstillstand im Stahlstreit

USA lenken bei Strafzöllen ein wenig ein, EU verlängert Sanktionsfrist bis Ende September. Starker Preisanstieg für Abnehmer der Stähle, Importe bleiben

BRÜSSEL taz ■ Im Stahlhandelsstreit mit den USA verzichtet die Europäische Union vorläufig auf Strafmaßnahmen. Die EU-Außenminister werden heute aller Voraussicht nach einer entsprechenden Entscheidung ihrer ständigen Vertreter in Brüssel vom Freitagabend zustimmen. Gedacht waren die Strafzölle als Vergeltungsmaßnahme, denn seit März erheben die USA Zölle von bis zu 30 Prozent auf den Import von Stahlprodukten.

Inzwischen haben die USA allerdings mehrere europäische Produkte von den Zöllen befreit. Trotzdem zeigte sich die EU-Kommission noch am Mittwoch entschlossen, die Amerikaner zu bestrafen. Am Freitag änderte sie unerwartet ihre Haltung. Der Grund: Über Nacht hatten die USA weitere Zugeständnisse gemacht. Insgesamt sind jetzt europäische Stahleinfuhren im Umfang von 290 Millionen Euro von den US-Schutzzöllen ausgenommen. Zwar machen die Ausnahmeregelungen nur rund 15 Prozent des geschätzten Gesamtschadens aus, aber die EU hofft nun auf weiteres Entgegenkommen. Als Termin haben die Europäer den 30. September gesetzt – sind ihre Forderungen bis dahin nicht erfüllt, wollen sie endgültig Sanktionen verhängen.

Die Kommission glaubt, dass die Zeit gegen die USA spielt. Denn bislang schadet die Supermacht mit ihren Schutzzöllen vor allem sich selbst. Zwar haben sie einige amerikanische Stahlproduzenten vor dem Ruin bewahrt, die Preise für ihre Erzeugnisse stiegen – doch das Nachsehen haben Unternehmen der verarbeitenden Industrie, etwa Automobilhersteller, die für Stahlerzeugnisse jetzt bis zu 80 Prozent mehr zahlen als früher.

Angesichts dieses Preisanstiegs lohnt sich für viele europäische Stahlproduzenten der Verkauf ihrer Ware in Amerika trotz der Zölle. Als langfristige Folge des Preisbooms befürchten die Marktwirtschaftler in der EU-Kommission aber Überproduktion und demzufolge einen weltweiten Preisverfall bei Stahlerzeugnissen. BARBARA SCHÄDER