: Walschutz aus Papier
WWF und Schutzstation Wattenmeer werben für wirksamen Schutz der kleinen Schweinswale vor der deutschen Norseeküste
von SVEN-MICHAEL VEIT
Der Schutz von Meeressäugern an der deutschen Nordseeküste ist noch immer unzureichend. Knapp drei Jahre nach Einrichtung des ersten Walschutzgebietes vor den Inseln Amrum und Sylt haben die Umweltverbände WWF (World Wildlife Fund) und Schutzstation Wattenmeer konkrete Konsequenzen gefordert. Denn bisher, so deren Kritik, ist in dem Schutzgebiet nicht einmal die Stellnetzfischerei verboten. Diese gilt als größte Bedrohung für den Schweinswal, die einzige vor deutschen Küsten heimische Walart.
In Nord- und Ostsee leben noch etwa 270.000 der delphinähnlichen Säuger, Jahr für Jahr ertrinken mindestens 7500 von ihnen in den Netzen der industrialisierten Fischerei. Allein die Stellnetze der dänischen Fangflotte sind fast 10.000 Kilometer lang. In diesen „riesigen Gardinen“ auf dem Meeresgrund, wie WWF-Fischereiexpertin Heike Vesper die Netze nennt, verheddern sich die nur etwa eineinhalb Meter langen Kleinwale auf der Jagd. Die Netze können sie mit ihrem Sonarsystem nicht orten, umso besser jedoch die darin zappelnden Fische. So werden sie für Flippers kleinen Vetter zur tödliche Falle. Die Verbände fordern deshalb eine Europa weite Anerkennung des 1240 Quadratkilometer großen Walschutzgebietes und eine „Fischerei ohne Wal-Opfer“.
Die schleswig-holsteinische Regierung hatte das Walschutzgebiet 1999 im Zuge der Novellierung des Nationalparkgesetzes eingerichtet. Das Land habe damit „eine Vorreiterrolle im europäischen Kleinwalschutz“ eingenommen, räumen WWF und Schutzstation ein. Das Seegebiet vor Sylt und Amrum ist die Kinderstube der Kleinwale. Allerdings stehe deren Schutz nur auf dem Papier, bis heute seien die Wale nicht wirklich geschützt, so die Kritik.
Obwohl die Nordsee-Schutzkonferenz der Anrainerstaaten im März einen „Rettungsplan“ beschloss, darf unvermindert weiter gefischt werden. „Bislang haben Land und Bund nicht die Anerkennung des Schutzgebietes durch die EU erwirkt“, bemängelt Schutzstation-Sprecher Lothar Koch. Das sei notwendig, weil die EU-Kommission für verbindliche Fischerei-Regelungen in der Nordsee zuständig sei.
Mit einer Kampagne wollen die Umweltverbände nun Nordsee-Urlauber auf das Thema aufmerksam machen. In etlichen Informations-Zentren werden Aktionspostkarten ausliegen, mit denen bei Land, Bund und Europäischer Union für einen wirksameren Walschutz geworben werden soll.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen