: Max&Moritz revisited
Des Karikaturisten andere Seite: Wilhelm Busch mit Staffelei und Pinsel. Die Ausstellung in Hannover zum 170. Geburtstag des Schriftstellers eröffnet neue Perspektiven auf den Menschen und den Künstler Wilhelm Busch
Sieben gezeichnete Streiche haben ihn berühmt gemacht. Sieben Lausbubengeschichten um Max und Moritz, Witwe Bolte, Schneider Böck und Lehrer Lämpel. Wilhelm Busch (1832-1908) ist bekannt als ein Spaßmacher, der Kinder zum Lachen bringt. Fast immer übersehen wird bei dieser Betrachtung jedoch der eigentliche Wilhelm Busch: der ernste Dichter, der leidenschaftliche Maler und besonders der Mensch.
Eine neue Ausstellung im Wilhelm-Busch-Museum in Hannover will das nun ändern. „Wir können Busch nicht neu erfinden“, sagt zwar Gisela Vetter-Liebenow, die Leiterin der Ausstellung. „Aber wir wollen, dass der Besucher hier neue Seiten an ihm entdeckt.“ Für viele Menschen stehe Wilhelm Busch immer noch auf einem einsamen Sockel und werde als übermächtig verehrt. „Das nimmt ihm die Lebendigkeit.“ Und die Menschlichkeit. Man müsse sich trauen, den Künstler nicht nur mit Weisheit in Verbindung zu bringen, sondern auch mit einer widersprüchlichen und teilweise durchaus fragwürdigen Biografie. Die Ausstellung „Wilhelm Busch – Stationen seines Lebens“ ist noch bis zum 20. Oktober im Wilhelm-Busch-Museum in Hannover zu sehen.
Die Städte seines Schaffens bilden die „Stationen seines Lebens“ – und auch die der Ausstellung: Antwerpen, München, Frankfurt. Und immer wieder Wiedensahl, ein Dorf nahe Hannover, in dem Wilhelm Busch 1832 geboren wurde. „In einem langen Leben, in dem er immer in Wiedensahl war, war er immer unterwegs“, beschreibt Hans-Joachim Neyer, Direktor des Wilhelm-Busch-Museums, den Einfluss des Heimatortes auf den reisenden Künstler.
In den Niederlanden entdeckte Busch die Malerei. Diese Leidenschaft blieb jedoch stets sein Geheimnis. Bis heute wissen die wenigsten von Buschs Begeisterung für die Bilder, die ihn sein Leben lang begleitete. „Wilhelm Busch hatte zwei Persönlichkeiten“, erklärt Neyer. So zeigt die Ausstellung auch die Landschaften, Porträts, Tiere und Stillleben, die Busch gemalt hat und die so ganz im Gegensatz zu seinen bekannten Karikaturen und Gedichten stehen.
Aber auch in seinen Karikaturen zeige sich Buschs zwiegespaltene Persönlichkeit sehr deutlich, sagt Neyer. „Es musste ihn etwas quälen, damit er einen Gegenentwurf machen konnte.“ In „Max und Moritz“ zum Beispiel, wo Streiche mit brutalen Strafen gesühnt werden, zeige sich deutlich die Kritik am Verhalten Erwachsener – eine für damalige Verhältnisse äußerst moderne Ansicht. „Gleichzeitig musste er als Karikaturist aber sehr konservativ sein – denn nur wer die Regeln kennt, kann sie attackieren.“
dpa
Wilhelm-Busch-Museum Hannover. Öffnungszeiten: dienstags bis freitags von 11.00 bis 17.00 Uhr, samstags und sonntags von 11.00 bis 18.00 Uhr, Infos im Netz: www.wilhelm-busch-museum.de
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