Keine Dollars für UNO-Programm

Washington verschärft die Krise beim Bevölkerungsprogramm der Vereinten Nationen. Unter dem Druck seiner rechtskonservativen Wählerbasis streicht Präsident Bush den gesamten US-Jahresbeitrag in Höhe von 34 Millionen Dollar

aus Genf ANDREAS ZUMACH

Die USA setzen ihren unilateralen Kurs weiter fort. Die Bush-Administration verweigert dem Bevölkerungsprogramm der UNO (UNFPA) endgültig die Beiträge der USA für das laufende Haushaltsjahr in Höhe von 34 Millionen US-Dollar. Die Entscheidung, die in den nächsten Tagen offiziell bekannt gegeben werden soll, fiel unter dem Druck fundamentalistischer Abtreibungsgegner sowie konservativer Kongressabgeordneter und Senatoren der Republikanischen Partei.

Unter diesem Druck hatte Präsident George W. Bush das Außenministerium bereits Anfang des Jahres angewiesen, die Auszahlung der vom Kongress genehmigten 34 Millionen Dollar vorläufig zurückzuhalten. Nach den Haushaltsregeln der UNO ist die Überweisung jährlicher Beiträge jeweils bis zum 31. Januar fällig. Das UNFPA berät Staaten weltweit in Fragen der Gesundheit, Familienplanung und Bevölkerungsentwicklung.

Neben ihrer grundsätzlichen Ablehnung selbst freiwilliger Maßnahmen zur Familienplanung und Geburtenkontrolle werfen die US-amerikanischen Gegner dem UNFPA vor, die chinesische Politik der Zwangsabtreibung und Zwangssterilisierung zu unterstützen. Doch das das UNFPA ist im Gegenteil eine der wenigen Organisationen, die in China Alternativen zu den Zwangsmaßnahmen der Regierung anbietet. Das bestätigen eine Reihe unabhängiger Untersuchungen der letzten Jahren sowie der – noch unveröffentlichte – Bericht einer Delegation des US-Außenministeriums, die China kürzlich besuchte.

Die Gegner des UNFPA waren von der Entscheidung der Bush-Administration äußerst befriedigt aus. Damit gebe die Regierung „ein klares Signal, dass sie nicht bereit ist, den ideologischen Weg der UNO zu unterstützen“, erklärte Deal Hudson, der Herausgeber des konservativen katholischen Magazins Crisis.

Mit Rücksicht auf innenpolitische Gegner der UN-Programme hatten die USA in den letzten Jahren, auch schon während der Clinton-Administration, auf mehreren UNO-Konferenzen den Konsens über freiwillige Programme zur Geburtenkontrolle und zur Aidsprävention verhindert, zumeist im Verein mit dem Vatikan und konservativen islamischen Ländern.

Sprecher der UNO warnten vor den „verheerenden Konsequenzen“ der Entscheidung der Bush-Administration. Ohne die 34 Millionen Dollar aus Washington müsse das UNFPA seine Aktivitäten „drastisch einschränken“. Das könne zu rund 800.000 zusätzlichen Abtreibungen führen und zum Tod von bis zu 5.000 Müttern sowie von rund 80.000 Kindern unter fünf Jahren.

Das UNFPA befindet sich ohnehin bereits in einer der schwersten Finanzkrisen seiner Geschichte. Eine Reihe von Regierungen – darunter auch die rot-grüne Koalition in Berlin – hat bereits in den letzten Jahren die Beiträge an das Bevölkerungsprogramm radikal zusammengestrichen.

Die Entscheidung der Bush-Administration kann theoretisch noch vom Kongress korrigiert werden, wo sie auf Widerspruch bei Demokraten wie bei gemäßigten Republikanern stößt. Der demokratische Senatsführer Tom Daschle hatte Anfang Juli einen „großen Kampf“ im Kongress angekündigt, sollte Bush dem UNFPA die 34 Millionen Dollar endgültig verweigern. „Die UN-Bevölkerungsprogramme funktionieren, und sie verdienen unsere Unterstützung“, erklärte Daschle gegenüber der Washington Post. Zudem sollten die USA „nicht so diktatorisch sein und der UNO vorschreiben, was sie zu tun oder zu lassen hat“.

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