: Teures Kriegsspielzeug
Neben einem Gewehr und einem Koffer voller Munition besaß ein Maschinenschlosser noch eine Patrone aus Bundeswehrzeiten. Dafür wurde er jetzt zu zwei Jahren auf Bewährung verurteilt
Erinnerungsstücke, zumal geklaute, können den nostalgischen Liebhaber teuer zu stehen kommen. Diese Erfahrung musste gestern ein Maschinenschlosser machen, als er vor dem Amtsgericht in Bremen-Blumenthal zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten, ausgesetzt auf zwei Jahre auf Bewährung, verurteilt wurde.
„Ich will nie wieder was mit Waffen zu tun haben“, jammerte der Beschuldigte, ein schmächtiges Männchen, das die Vollstreckung des Urteils demütig über sich ergehen ließ. Dabei scheint er seit Jahren eine große Vorliebe fürs Kriegswerkzeug gehabt zu haben – die wurde ihm gestern in Blumenthal zum Verhängnis.
Während seiner Bundeswehrzeit 1982/83 hatte der heute 39-Jährige beim MG-Schießen eine Patrone mitgehen lassen: Leuchtspurmunition, die 1970 für die Truppe hergestellt worden war.
Weil es eine „für die Kriegsführung bestimmte Munition“ ist, fällt der Besitz einer solchen Patrone unter das Kriegswaffenkontrollgesetz – und nicht unter das Waffengesetz. Das machte die Sache für den Patronenklauer noch ein bisschen schlimmer: Ohne Genehmigung kann der Besitz oder Erwerb von Munition mit einer Gefängnisstrafe von mindestens sechs Monaten geahndet werden – laut Waffengesetz. Das Kriegswaffenkontrollgesetz sieht sogar eine Mindeststrafe von einem Jahr vor. Neben dieser einen Patrone hatte der Angeklagte sich aber noch eine richtige kleine Waffenkammer zusammengekauft: ein Gewehr, einen Gewehrhalter, einen Gewehrlauf und einen AluKoffer mit knapp 3000 Patronen unterschiedlichster Kaliber.
Schon ohne die Patronen hätte der 39-Jährige einen Waffenschein oder zumindest eine Waffenbesitzkarte benötigt – hatte er aber nicht.
Staatsanwaltschaft und Richter konzentrierten sich letztlich jedoch auf die Leuchtspurmunition – wegen des höheren Strafmaßes. Dabei hätte der Maschinenschlosser die Patrone mit seinem Gewehr gar nicht benutzen können. Das war Amtsrichter Peter-Michael Pawlik egal: Zwar sei der Besitz der Leuchtspur-Patrone nur ein „minderschweres“ Vergehen. Andererseits gehe von den restlichen Patronen und Gewehren „eine viel größere Gefahr aus“. Deshalb wäre „das Urteil mit oder ohne Leuchtspurmunition gleich ausgefallen“.
Immerhin war der kleinlaute Waffenfreak sofort geständig. Was er allerdings nicht Preis geben wollte, war der Grund, warum er denn in seiner Wohnung „stapelweise Munition“ gelagert hatte – ohne jemals schießen zu wollen. Seine etwas abstruse Sammelleidenschaft begründe sich einzig und allein in seiner „Faszination für Technik“, beteuerte der Maschinenschlosser immer wieder. So richtig zufrieden waren Richter und Staatsanwalt mit dieser Begründung nicht. Amtsrichter Pawlik: „Wenn man soviel Munition besitzt, hat man auch mal das Bedürfnis, zu schießen.“ Verena von Ondarza
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