: working poor
Schuften für 4 Euro
„Wir sind nie beide gleichzeitig traurig. Deshalb kann immer der eine den anderen aufrichten.“ Wenn Jens abends fertig vom Klappern schmutziger Teller nach Hause kommt, braucht er Melanies Umarmungen. Und er tröstet sie, wenn die Vorarbeiterin am Fließband wieder mal den ganzen Tag gebrüllt hat. Beide arbeiten für Zeitarbeitsfirmen, die kaum Traumjobs vergeben. Sie brauchen aber das Geld, denn es ernährt sie, einen 13-jährigen Sohn und eine 11-jährige Tochter. Fallen die Eltern mit ihrem Gehalt einmal unter den gesetzlichen Regelsatz, kriegen sie ergänzende Sozialhilfe. „Wir schämen uns, Geld vom Staat zu nehmen, aber mit 44 Jahren kriege ich keine normale Arbeit mehr“, sagt Jens, der früher als Maurer gearbeitet hat. „Und Melanie, na ja, wer braucht heute schon noch eine Verkäuferin.“ Deshalb nehmen beide jeden Job, die sie kriegen können, schuften manchmal für 4 Euro die Stunde. „Damit Geld ins Haus kommt, vor allem für die Kinder ist das wichtig“, sagt Jens. Ihn stört es gewaltig, wenn sein Sohn angemacht wird, weil er keine Nikes trägt. „Er sagt zwar immer, so etwas kommt fast nie vor, aber schon allein der Gedanke macht mich wütend.“ Manchmal kommt noch etwas Geld in die Kasse, weil ein Bekannter jemanden kennt, der jemanden kennt, der ein Haus baut. Bei Schwarzarbeit hat Jens kein schlechtes Gewissen. Er schade doch niemandem, sagt er, im Gegenteil: „Solange ich arbeite, muss ich keine Sozialhilfe beantragen und liege keinem auf der Tasche.“ DS
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