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■ Reaktionen zu Hunzinger / ÖzdemirEin Tiefflieger in Finanzfragen

betr.: „Ich geh nicht mit dem Taschenrechner“ (Cem Özdemir), taz vom 22. 7. 02, u. a.

Es ist schon zum Aus-der-Haut-Fahren, wie Politiker glauben, das Rechtsempfinden ihrer Wähler strapazieren zu können, und mit welcher Arroganz sie Ihr Verhalten rechtfertigen.

Es ist nett, dass Herr Beck seinem Parteifreund bescheinigt, dieser habe gegen keine Regel verstoßen. Das kann von einem „Volksvertreter“ wohl erwartet werden. Was aber die Wähler anwidert, ist doch die Kaltschnäuzigkeit, mit der die „Macher“ in Politik und Wirtschaft immer wieder ihre „guten“ Beziehungen ausnutzen, um sich persönliche Vorteile zu verschaffen. Herr Özdemir mag da ein kleiner Fisch sein, aber er ist keinen Deut besser als ein Herr Bush, der kürzlich ebenfalls wegen seines Geschickes, günstige Darlehen zu ergattern und Gewinn bringend anzulegen, in die Schlagzeilen geraten war.

Geradezu beleidigend gerät aber die Verteidigung des Herrn Özdemir. Denn die Naivität, die er für sich in Anspruch nimmt, unterstellt er in Wahrheit seinen Wählern. Diese hingegen müssen, solange die Unschuldsvermutung für Herrn Özdemir gilt, annehmen, dass ein Tiefflieger in Finanzfragen im Bundestag über die Verwendung ihrer Steuergroschen entscheidet. Sein Freund bei Hunzinger sollte ihm jetzt helfen, sein Image diesbezüglich aufzupolieren. MATTHIAS A. FENNER, Wiesbaden

Im Interview darzulegen, seine Einkünfte immer „brutto für netto“ zu sehen, ist für einen über 30-jährigen Realpolitiker schon eine echt schwache Nummer – und dann Steuerschulden über einen Privatkredit durch eine gewerbliche Medienagentur (???) zu einem steuerschonenden Zinssatz von 5,5 Prozent zu bezahlen ist nicht naiv – das ist dumm oder dreist. Außerdem bleibt der Verdacht hängen, dass dieser „lohnsteuerfreundliche Arbeitnehmerzinssatz“ des Herrn Hunzinger eben doch etwas mit Gegenleistungen zu tun hat.

Jedenfalls hat Cem Özdemir den verzweifelten Kampf gegen meine Stimme für die Grünen gewonnen. WOLFGANG SIEDLER

Wie kann der Abgeordnete Cem Özdemir so viel Steuerschulden anhäufen, dass er brandeilig 80.000 Mark Kredit braucht? Bundestagsabgeordnete verdienen nicht schlecht, so viel aber meines Wissens nach nun auch wieder nicht. MARTIN KREHL, Hagen

Ich bin gespannt, wie die Grünen nun fortan auf den Dunstkreis Hunzingers reagieren wollen – nur eines scheint klar: es wird keinen klaren Schlussstrich geben. Zu verwöhnt ist die Berliner Szene von den vorgefertigten Politikhäppchen, die das System Hunzinger serviert: Parlamentarische Abende, die man nicht selber organisieren muss, Podiumsdiskussionen, auf die man sich einladen lässt und dafür Geld bekommt. Den nötigen Gesprächsstoff liefert Hunzinger so seit 20 Jahren. Das klare Bekenntnis der CDU zum politischen Lobbyismus erscheint mir da ehrlicher als das vage Versprechen von Fritz Kuhn, künftig selber die Regeln der politischen Logik vermitteln zu wollen.

Lobbyismus findet im Verborgenen statt: Erinnert sei hier nur an das Buch von Cem Özdemir „Ich bin Inländer. Ein Anatolischer Schwabe im Bundestag“, das er bereits 1997 als Buchprojekt von der Hunzinger PR GmbH betreuen ließ (www.hunzinger.de/site/pr_interaktiv/ store/store_auswahl.html). Von der Kohle mal ganz abgesehen: Wie viel von dem grünen Bild, das wir durch „Özdemir & Co“ aus den Medien kennen, ist made by Hunzinger?

MATTI LEMBKE, GAL Bezirksabgeordneter, Hamburg-Altona

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