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Wenn das Telefon zweimal klingelt

Sachverständiger wirft Telekom Falschabrechnungen von 20 Prozent zu Lasten der Kunden vor. Die macht den Gutachten-Auftraggeber dafür verantwortlich, weil der sein Abrechnungssystem völlig überreizt habe. Jetzt sollen die Staatsanwälte ran

von MATTHIAS SPITTMANN

Die Luft für die Deutsche Telekom AG wird dünner: Im Streit um fehlerhafte Telefonrechnungen bekommt die Telefonkundengemeinschaft Communitel jetzt Rückendeckung. Im Auftrag von Communitel untersuchte Reinhold Scheffel von der Bonner Telekommunikations-Beratungsfirma tekit rund 100 Millionen Rechnungsdaten. Dabei kam der öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige zu dem ersten Zwischenergebnis, dass bei den untersuchten Daten „mit hoher Wahrscheinlichkeit deutlich über 20 Prozent der Rechnungssumme“ zu Gunsten der Telekom falsch abgerechnet worden sei – und dass die untersuchten Daten repräsentativ für die Durchschnittskunden des ehemaligen Monopolisten sind. Die Telekom wies die Vorwürfe zurück und sprach von einem „Auftragsgutachten“. Ein Sprecher betonte gestern: „Es gibt keinen systematischen Fehler.“

Bereits seit langem liegt Communitel mit dem rosa Riesen im Clinch über angeblich falsche Rechnungen. Es würden Anschlüsse berechnet, die gar nicht existierten, oder existierende Anschlüsse doppelt, so die Vorwürfe der Interessensgemeinschaft, die die Anschlüsse ihrer Mitglieder zusammenfasst und bei der Telekom als Großkunden anmeldet. Mal hätten Inhaber von Analoganschlüssen zwei exakt gleich lange Gespräche zum gleichen Zeitpunkt berechnet bekommen, obwohl das technisch gar nicht möglich ist, mal würden Nahgespräche zu Auslandstarifen abgerechnet. Häufig tauchten Verbindungen zu Anschlüssen auf, die gar nicht existierten, oder würden Gespräche mit null Sekunden Dauer zu horrenden Preisen abgerechnet. Nicht einmal die schlichte Addition der Einzelposten auf den Telefonrechnungen stimme.

Den Grund für die Probleme liegen nach Ansicht des Sachverständigen in der oft veralteten Technik der Telekom. Die Verbindungsrechner der Telekom zeichnen nach Scheffels Vermutung Daten auf, die erst einmal nachbearbeitet werden müssen. Die dabei erzeugten korrigierten Datensätze können in der Qualität von „korrigiert verwertbar“ bis „nicht mehr zuordenbar und nicht verwertbar“ liegen, schreibt der Gutachter.

Die Telekom will von alledem nichts wissen: „Das ist ein Versuch, von Communitel auf allgemeine Probleme hinzuarbeiten“, sagt Telekom-Sprecher Ulrich Lissek. „Wir schreiben im Jahr 500 Millionen Rechnungen. Wir haben dagegen nur 300.000 bis 400.000 Einwendungen“ – darunter auch welche, wo nur der Name falsch geschrieben sei. Das Problem sei, dass Communitel ein System, das auf 3.000 bis 4.000 Kunden ausgelegt sei, auf bis zu 15.000 Kunden „aufgeblasen“ habe. „Wenn Sie mit einem Fiat Panda einen Stahlträger transportieren, dürfen Sie bei einem Achsbruch nicht Fiat dafür verantwortlich machen.“ Communitel sei mehrfach auf die Gefahren hingewiesen worden. Erst vor zwei Wochen habe die Regulierungsbehörde der Telekom eine Abrechnungsgenauigkeit von 99,9 Prozent bescheinigt.

Die Communitel-Rechnungen können auf jeden Fall kein Problem mehr darstellen: Wegen offener Forderungen von zehn Millionen Euro hat die Telekom nach eigenen Angaben im letzten November alle Kunden abgeschaltet. Der Extelefonanbieter fordert daher jetzt alle Telekom-Kunden auf, ihre Rechnungen zu prüfen und Fehler zu melden. Und wenn die Telekom nicht noch fix Berichtigungen verspricht, will Communitel heute Strafanzeige gegen Telekom-Technik-Vorstand Gerd Tenzer erstatten. Der habe von den Fehlern gewusst.

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